(Zusammenfassung 1630) Bewährungsstrafe für Betrug mit billigen Pillen Von Eva-Maria Mester, dpa

Das deutsche Preissystem für Arzneimittel ist kompliziert und wird
kaum kontrolliert. Daraus schlägt ein Lübecker Apotheker jahrelang
Kapital. Im Betrugsprozess gegen ihn beschuldigt er auch eine
Krankenkasse der Mitwisserschaft.

Lübeck (dpa/lno) - Jahrelang haben ein Apotheker aus Lübeck und
vier mutmaßliche Mittäter verbilligte Klinikmedikamente als normale
Apothekenware an Heime, Gefängnisse, Arztpraxen und Patienten
verkauft und daran gut verdient. Geschädigte waren die Hersteller der
Medikamente. In einem ersten Prozess hat das Landgericht Lübeck am
Freitag einen der Verantwortlichen, den 67 Jahre alten ehemaligen
Inhaber einer Lübecker Apotheke, wegen gewerbsmäßigen Betruges zu
einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. «Ich

übernehme die Verantwortung für die Taten, auch wenn ich in vielen
Fällen nicht selbst daran beteiligt war», sagte der Angeklagte.

Staatsanwalt Hans-Peter Lofing betonte, das Lübecker Verfahren sei
das bislang umfassendste dieser Art in Deutschland. «Hier saßen auch
ein Pharmagroßhandel und Mitarbeiter von Schleswig-Holsteins größter

Krankenkasse mit im Boot», betonte er. Voraussichtlich noch in diesem
Jahr sollen in Lübeck die Prozesse gegen einen Mitarbeiter des am
Freitag verurteilten Apothekers, die Geschäftsführerin eines
Pharmagroßhandels aus dem Kreis Segeberg und zwei Beratungsapotheker
der AOK Schleswig-Holstein beginnen.

Insgesamt rund 1350 Taten mit einem Gesamtschaden von 2,5
Millionen Euro werden dem Quintett angelastet, an 870 davon war der
63-Jährige direkt beteiligt. Bestraft wurde er am Ende für 446 Fälle

mit einem Schaden von knapp einer Million Euro. Dabei wurden unter
anderem die Vorwerker Heime in Lübeck, die Justizvollzugsanstalten
Lübeck, Kiel und Neumünster, Dialysezentren sowie ein Praxisnetz mit
rund 400 Arztpraxen im Raum Kiel mit Klinikmedikamenten beliefert.
«Die AOK wusste das und hat mitgemacht», sagte der Angeklagte.

Das Zwei-Preis-System, das die Krankenhäuser finanziell entlasten
soll, wird vom Apothekenverband seit Jahren als betrugsfördernd
kritisiert. Auch der Verteidiger des Angeklagten, Gerd-Joachim
Schulz, beklagte in seinem Plädoyer, dass die Vertriebswege durch
die Hersteller praktisch nicht kontrolliert würden. «Man gewinnt den
Eindruck, dass die Unternehmen Umsatz um jeden Preis machen wollen
und deshalb das Betrugsrisiko hinnehmen», sagte Schulz.

Möglich wurde der Betrug, weil die Lübecker Apotheke auch als
Krankenhausapotheke zugelassen war und deshalb bei den
Pharmaherstellern Ware zu deutlich günstigeren Klinikkonditionen
bestellen konnte. Zusätzlich forderte er bei den Herstellern auch
noch den sogenannten Herstellerrabatt ein. Den müssen Pharmafirmen
laut Gesetz den Krankenkassen für über den Ladentisch verkaufte
Präparate - sogenannte Offizinware - gewähren.

«Diese Rabatte sollen die Krankenkassen entlasten. Die Apotheken
treten dafür zunächst in Vorkasse und fordern das Geld dann von den
Herstellern zurück», erläuterte Lofing das komplizierte System.
«Einem der Hersteller war schließlich das Missverhältnis zwischen
Herstellerrabatten und bestellter Offizinware aufgefallen. So sind
unsere Ermittlungen ins Rollen gekommen», sagte er.

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- [Landgericht](Am Burgfeld 7, Lübeck)

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