Trotz negativem Test: Sprossen bleiben unter dringendem EHEC-Verdacht
Die Hoffnung auf eine schnelle Aufklärung der grassierenden
EHEC-Epidemie hat sich zerschlagen. Erste Proben aus dem in Verdacht
geratenen Gärtnerhof im niedersächsischen Bienenbüttel sind negativ.
Hannover/Bienenbüttel (dpa) - Trotz erster negativer
Laborergebnisse bleiben Sprossen im Verdacht, die EHEC-Epidemie mit
bisher mehr als 20 Toten ausgelöst zu haben. Ein Gärtnerhof aus
Bienenbüttel im niedersächsischen Kreis Uelzen war wegen seiner
Lieferwege als Ausgangspunkt des aggressiven Darmkeims ins Visier
geraten. «Wir halten an dem Verdacht fest», betonte der Sprecher des
niedersächsischen Verbraucherministeriums, Gert Hahne, am Montag nach
der Veröffentlichung der Testergebnisse. «Unsere Kausalkette ist
wasserdicht und plausibel. Sie reißt nicht ab.» Inzwischen hätten
sich auch EHEC-Patienten gemeldet, die sich erinnerten, Salat mit
Sprossen gegessen zu haben.
Am Montag stellten sich 23 von 40 neu in dem inzwischen
geschlossenen Betrieb genommenen Sprossenproben als EHEC-frei heraus.
Bei 17 Proben laufen weitere Untersuchungen. Sie waren unter anderem
aus dem Wasser, von Arbeitstischen und aus der Lüftungsanlage
genommen worden. Die Ermittlungen seien schwierig, weil die
Geschehnisse zwei bis vier Wochen zurückliegen, sagte Hahne.
Möglicherweise sei der Keim gar nicht mehr nachzuweisen. «Es ist
nicht wie bei einem Grippebazillus, der überall an den Wänden klebt.»
Der Gärtnerbetrieb hatte meist über Zwischenhändler Sprossen an
zahlreiche Restaurants, Hotels und Kantinen geliefert, deren Gäste
teils dutzendfach an EHEC erkrankten. Betroffen waren unter anderem
ein Golfhotel im Kreis Lüneburg, ein Restaurant in Lübeck sowie
Kantinen in Darmstadt und Frankfurt am Main. Zudem litt eine
Mitarbeiterin des Biohofs unter dem durch EHEC ausgelösten blutigen
Durchfall, der in der schweren Form HUS Nierenversagen und
Hirnstörungen nach sich ziehen kann.
Erkenntnisse erhoffen sich die Fahnder von Bürgern, die noch
verdächtige Sprossen-Mischungen zu Hause hatten. In Hamburg wird für
Dienstag das Ergebnis einer solchen Probe erwartet. Ein Team mit
Fachleuten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des
Robert Koch-Instituts (RKI) reiste unterdessen in den Kreis Uelzen,
um gemeinsam mit Experten aus Niedersachsen den Betrieb zu
durchleuchten. So sollen Rohstoffe und die gesamte Ausstattung
kontrolliert werden. Der Gärtnerhof war bereits in den vergangenen
Wochen wie andere niedersächsische Gemüsebauern routinemäßig
überprüft worden. Dabei fand man keine EHEC-Erreger. Nach Angaben des
Geschäftsführers wird kein tierischer Dünger verwendet.
«Aufgrund der bisherigen Erfahrungen bei der Untersuchung eines
Teiles der Proben (insbesondere der Saaten) gehen wir davon aus, dass
intensive analytische Anstrengungen unternommen werden müssen, um den
vermuteten Erreger zweifelsfrei nachweisen zu können», teilte das
Ministerium schriftlich mit. «Morgen kann es Bingo machen, es kann
aber auch noch drei Wochen dauern», meinte Hahne dazu.
In Japan waren nach Angaben des RKI bereits 1996 Rettichsprossen
für den Ausbruch einer EHEC-Epidemie mit etwa 11 000 Erkrankten
ausgemacht worden. Am Sonntagabend hatte der niedersächsische
Agrarminister Gert Lindemann (CDU) aufgrund der den Biobetrieb
belastenden Indizienkette vor dem Verzehr von Sprossen gewarnt.
Kritik, Niedersachsen sei mit der Warnung vorschnell vorgeprescht,
wies Ministeriumssprecher Hahne vehement zurück: «Es könnte noch
Menschen geben, die Sprossen im Kühlschrank haben. Wir müssen die
Verbraucher davor warnen, etwas Lebensbedrohliches zu essen.»
Gleichzeitig gilt noch immer die Warnung vor dem Verzehr von rohem
Gemüse. In der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) waren Sprossen
bisher nicht als mögliche Ursache der Erkrankung in Verdacht geraten.
«Ich habe heute morgen mit zwei Patienten gesprochen, die sich nicht
daran erinnern können, Sprossen gegessen zu haben», sagte der
MHH-Nierenspezialist Jan Kielstein am Montag.
Unterdessen ebbt die EHEC-Welle in Niedersachsen nicht ab.
Landesweit stieg die Zahl der Fälle und Verdachtsfälle auf 503. «Der
Scheitelpunkt ist leider noch nicht erreicht», sagte der Sprecher des
niedersächsischen Gesundheitsministeriums, Thomas Spieker.
Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) lobte: «Die Hilfsbereitschaft
niedersächsischer Kliniken gegenüber anderen Bundesländern bei der
Aufnahme von schwerkranken Patientinnen und Patienten ist
vorbildlich. Wir haben momentan keinen Engpass in den Kliniken
Niedersachsens.»
# dpa-Notizblock
## Internet
- [Gärtnerhof](http://dpaq.de/gLuDI)
- [RKI aktuell zu EHEC](http://dpaq.de/hLlXK)
## Orte
- [Gärtnerhof](Bienenbüttel)
- [Agrarministerium](Calenberger Straße 2, Hannover)
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