Bewerberin zu alt? - Vergleich beim Arbeitsgericht Von Jasper Rothfels, dpa

Ihre Bewerbung als Sekretärin wurde abgelehnt, weil sie angeblich mit
49 Jahren zu alt sei. Der Fall einer Heidelbergerin endete am
Dienstag vor Gericht mit einem Vergleich. Ans Licht kam die Sache
lediglich wegen einer unscheinbaren Notiz.

Heidelberg (dpa) - Ein kleiner gelber Zettel auf den
zurückgeschickten Bewerbungsunterlagen ließ bei der 49-jährigen
Heidelbergerin die Alarmglocken schrillen: «Zu alt geb. 61» stand auf
dem Papier, das die Rechtsanwaltsfachangestellte mit ihrer Mappe vom
Uniklinikum Heidelberg zurückbekam. Die Frau hatte sich dort
vergeblich als Sekretärin beworben. Nun zog sie vor das Heidelberger
Arbeitsgericht, weil sie sich wegen ihres Alters diskriminiert
fühlte.

Dort endete der Streit am Dienstag mit einem Vergleich: Das
Klinikum zahlt ihr 10 870 Euro Schadensersatz und Entschädigung. Das
ist weniger als sie gefordert hatte, aber mehr als das Klinikum
ursprünglich zahlen wollte. «Ich bin erleichtert, dass es vorbei
ist», sagte Klägerin Martina Wilhelm nach dem Gütetermin. Woher genau

der gelbe Zettel kam und wer ihn den Unterlagen zugefügt hatte, war
allerdings unklar.

«Dieser Fall ist schon ein Exot», sagte der Vorsitzende Richter
Theodor Thewes mit Blick auf den Zettel. Auf die Frage, wie oft er
mit Fällen wie diesen zu tun hat, sagte er, bei Verstößen gegen das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gehe es meist um eine
Diskriminierung wegen des Geschlechts, seltener wegen des Alters.
«Sicher, es gibt die Fälle, aber nicht so viele, wie man bei
Inkrafttreten des AGG gedacht hat.»

Vermutlich sei dies nur so, weil es zu wenig gelbe Zettel gebe,
sagte Wilhelm. «Es kommt ja nicht raus.» Nach Darstellung ihres
Anwalts Wolfgang Ruck ist die Dunkelziffer beim Thema
Altersdiskriminierung «wahnsinnig hoch». Nur wegen des Zettels sei
dies «endlich mal hochgekocht worden».

Woher der gelbe Post-it-Zettel stammt, und wie es auf die
Unterlagen kam, kann das Klinikum nach Angaben seiner Vertreterin
Christiane Toedter nicht nachvollziehen. «Bei uns geht es nicht nach
Alter», sagte sie. Ausschlaggebend seien vielmehr Qualität und
Eignung. Die 105 Bewerberinnen seien von zwei Mitarbeiterinnen
eingeteilt worden, die schon lange beim Klinikum seien und nach einem
standardisierten Verfahren vorgingen. «Sie haben ganz klar nicht
aufgrund des Alters ausgesucht, sondern wie immer nach der
Qualifikation.» Die Handschrift auf dem Zettel passe nicht zu der
einen Frau. Die andere sage, sie könne sich nicht vorstellen, so
etwas geschrieben zu haben.

Nach Toedters Darstellung hatten die beiden Mitarbeiterinnen die
Bewerberinnen der Qualifikation nach in drei Gruppen geteilt - und
dabei gelbe Zettel verwendet. In der ersten Gruppe mit den
aussichtsreichsten Kandidatinnen seien auch eine 49-Jährige und eine
53-Jährige gewesen, führte Toedter als Beleg dafür an, dass das Alter

bei der Auswahl keine Rolle gespielt habe. Dass Wilhelm in die zweite
Gruppe kam, begründete Toedter mit der Abschlussnote der Bewerberin
und damit, dass in ihren Unterlagen das letzte Arbeitszeugnis gefehlt
habe. Die Frau, die letztlich eingestellt worden sei, habe besser
abgeschlossen, erklärte sie. Zum Alter sagte sie nichts.

«Das darf einem Klinikum nicht passieren», sagte Richter Thewes.
Er schlug vor, dass das Klinikum als Entschädigung vier Gehälter
zahlt (9148 Euro) und als Schadensersatz für ein halbes Jahr die
Differenz zwischen dem Klinikgehalt und dem neuen Gehalt der Klägerin
(1722 Euro) - insgesamt also 10 870 Euro. Wilhelms Anwalt hatte
bislang 14,5 Bruttomonatsgehälter und die Differenz für ein Jahr
gefordert, die Klinik hatte zwei Gehälter angeboten. Beide nahmen den
Vergleich nun an.

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