Schwierige schwarz-gelbe Eheanbahnung Von Frank Rafalski und Ulrich Scharlack, dpa
Berlin (dpa) - Der Ton zwischen den neuen Möchtegern-Partnern wird
- wenige Tage vor Aufnahme der förmlichen Koalitionsgespräche -
rauer. Die FDP ist spürbar genervt, wegen der vielen Stopp-Schilder
die von der Union vorsorglich aufgestellt werden. Ein leicht
säuerlicher Dirk Niebel warnte am Mittwoch schon mal: Die Gespräche
könnten sehr lange dauern, wenn die Union bei ihrer Politik der Tabu-
Zonen bleibe.
Lockerung des Kündigungsschutzes, Abschaffung des Gesundheitsfonds
und der Wehrpflicht, Auflösung der Bundesanstalt für Arbeit - diese
Kernpunkte des FDP-Wahlprogramms legte der FDP-Generalsekretär noch
mal ausdrücklich auf den Tisch. Die Botschaft an die Union: Auch dazu
muss im Koalitionsvertrag etwas stehen.
Hinter den Kulissen wird allerdings schon eifrig an Kompromissen
gebastelt. Der letzte Wahlaufruf der FDP kurz vor dem Wahlsonntag
wird von Kennern der Partei als die wahre «Blaupause» für die
Maßnahmen gesehen, die die FDP in einem Programm der ersten 100 Tage
schreiben will. Mit der Formulierung: «Nach der Wahl werden wir.. .»
sind darin folgende - überschaubare - Vorhaben markiert:
Zum Einstieg in die Steuerreform Familien durch einen
einheitlichen Grundfreibetrag auch für Kinder von 8004 Euro
entlasten. Erbschaft- und Unternehmenssteuerreform ändern. Die
kostenfreie vorschulische Bildung ausbauen. Das Schonvermögen, das
Hartz-IV-Empfängern für die Altersvorsorge bleibt, verdreifachen.
In der Unionsführung wird dem Muskelspiel der FDP - ebenso wie
einigen Wortmeldungen dazu aus dem eigenem Lager - nicht allzu viel
Bedeutung beigemessen. Zumindest derzeit noch nicht. Bundeskanzlerin
Angela Merkel vertraut auf die Vernunft ihres Duzfreundes Guido
Westerwelle, trotz der 14,6 Prozent vom Sonntag nicht zu überziehen.
Andererseits ist auch die CDU-Führung nicht bereit, die Bürger in
Verwirrung zu stürzen, indem reihenweise Beschlüsse der großen
Koalition wieder eingesammelt werden. So will Merkel beispielsweise
an den branchenspezifischen Mindestlöhnen festhalten.
Ein weiteres Motiv: Die Kanzlerin will mit der
Koalitionsvereinbarung auf keinen Fall den Status der Union als
einzig verbliebene Volkspartei gefährden. So fiel der Vorsitzende des
Arbeitnehmerflügels CDA, Karl-Josef Laumann, mit der apodiktischen
Festlegung auf: Es werde weder beim Kündigungsschutz noch bei
Mitbestimmung oder Mindestlöhnen Einschränkungen geben. «Da kann die
FDP sich auf den Kopf stellen.» Genau das ist auch die Linie der
Kanzlerin.
Sie meine es mit der Aussage, Kanzlerin für alle Deutschen zu
sein, sehr ernst, heißt es in ihrer Umgebung. Merkel hat in den
vergangenen Jahren ein entspanntes Verhältnis zu den Gewerkschaften
geschaffen. Der SPD hat die Union 600 000 Stimmen abgenommen. Das
darf aus ihrer Sicht nicht gefährdet werden - auch nicht um des
lieben Friedens mit den Freidemokraten willen.
Die FDP ihrerseits ist daran interessiert, möglichst schnell in
dieser Legislatur konkrete Ergebnisse vorzuweisen. «Wir wollen rasch
erste Signale für einen Politikwechsel in Deutschland setzen», lautet
Westerwelles Devise. Eine Steuerstruktur-Reform könnte dann auch in
Stufen über die nächsten Jahre folgen.
Über allem schwebt die Wahl im schwarz-gelb regierten Nordrhein-
Westfalen im Mai 2010, die gewissermaßen als «kleine Revanche» für
die Bundestagswahl gilt. Das Etikett «sozialer Kahlschlag» wollen
sich die Freidemokraten auch deshalb nicht ankleben lassen. An Rhein
und Ruhr entscheidet sich, ob die neue konservativ-liberale Regierung
ihre Bundesratsmehrheit behält oder nicht.
dpa rf/us yydd a3 and
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