(Zusammenfassung 1815 - neu: Reaktion Dalli) Contergan-Opfer dürfen wieder zum Boykott aufrufen (Mit Bild)
Köln (dpa) - Mehr als 50 Jahre nach der Markteinführung des
Schlafmittels Contergan haben Opfer des Arzneimittel-Skandals einen
Rechtsstreit gegen die Unternehmerfamilie Wirtz gewonnen. Der Familie
gehört der Contergan-Hersteller Grünenthal und die Dalli-Gruppe, die
Waschmittel und Kosmetika herstellt. Der Bund Contergangeschädigter
und Grünenthalopfer (BCG) darf wieder zum Boykott von Produkten der
Dalli-Gruppe und Grünenthal aufrufen. Das Kölner Landgericht hob am
Mittwoch eine einstweilige Verfügung gegen den Boykottaufruf zu
Produkten der Dalli-Gruppe auf. Das Gericht habe Zweifel, dass die
Dalli-Gruppe erst 2009 von dem schon 2007 ergangenen Boykottaufruf
gewusst habe, begründete die Richterin ihr Urteil. Dalli will gegen
die Entscheidung vorgehen.
Der BCG-Vorsitzende Andreas Meyer, der weder Arme noch Beine hat,
nannte den Richterspruch «historisch». Die vielen Mitstreiter unter
dem Publikum applaudierten spontan dem Urteil. Die Conterganopfer
hatten zum Boykott von Medikamenten, Waschmittel und Kosmetika aus
der Familiengruppe in Stolberg bei Aachen aufgerufen, um eine
Entschädigung von fünf Milliarden Euro zu erwirken. Die Dalli-Gruppe
erwirkte per einstweiliger Verfügung ein sofortiges Verbot, das vom
Landgericht nun aufgehoben wurde. Ob der Boykottaufruf rechtens war,
darüber entschied das Gericht nicht. Dafür müsse das Unternehmen ein
Hauptsacheverfahren anstrengen.
Die Dalli-Gruppe kündigte an, sie werde «alle zu Gebote
stehenden juristischen Mittel ausschöpfen, um den Boykott-Aufruf zu
unterbinden». Die Entscheidung des Gerichts sei allein aus formalen
Erwägungen erfolgt und sage nichts über die Rechtmäßigkeit des
Boykottaufrufs aus. An den Vorgängen um Contergan seien die
Unternehmen der Dalli-Gruppe in keiner Weise beteiligt gewesen, sagte
Geschäftsführer Ulrich Grieshaber in einer Mitteilung.
Der Contergan-Strafprozess gegen Grünenthal war 1970 wegen
geringer Schuld eingestellt worden. Nach einem Vergleich mit den
Opfern zahlte das Unternehmen 110 Millionen Euro in die Contergan-
Stiftung und will im Juli freiwillig weitere 50 Millionen Euro
einzahlen. Bei Grünenthal und der Dalli-Gruppe gibt es identische
Gesellschafter.
Das Schlafmittel Contergan der Firma Grünenthal hatte Ende der
50er Jahre einen der größten Arzneimittelskandale in der deutschen
Geschichte ausgelöst. Weltweit kamen rund 10 000 Kinder mit schweren
körperlichen Missbildungen zur Welt - vor allem an Armen und Beinen.
Allein in Deutschland waren 5000 Kinder betroffen.
[Landgericht]: Luxemburger Straße 101, 50939 Köln
dpa si yynwk k6 z2 kp
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