«Die Fiesta ist zu Ende» - Stillstand in Mexiko Von Franz Smets, dpa

Mexiko-Stadt (dpa) - Wenn die Angst und die Unsicherheit nicht
wären: Die Mexikaner könnten ihre Hauptstadt so entspannt erleben wie
nie zuvor. Auf den sonst überfüllten und lauten Straßen von Mexiko-
Stadt herrscht in diesen Tagen ungewöhnliche Ruhe. Während in vielen
Ländern der Welt wegen der Schweinegrippe hektische Aktivität
ausgebrochen ist, kommt in Mexiko, das seit dem vergangenen Freitag
gegen die Epidemie kämpft, das öffentliche Leben zum Erliegen.

Als es am Donnerstagabend um 20.00 Uhr dunkel wurde, waren die
Straßen leer gefegt. Selbst die Unterwelt hat ihre Aktivitäten
zurückgefahren. Die Zeitung «Reforma» berichtete, die Zahl der
Überfälle, Morde und Diebstähle sei in der vergangenen Woche stark
gesunken. «Diese Tage waren sehr ruhig. In den Straßen gibt es fast
keine Menschen», zitierte das Blatt einen Polizeikommandanten.

«Bleiben Sie zu Hause», riet Präsident Felipe Calderón in der
Nacht zum Donnerstag in einer Fernsehansprache seinen Landsleuten.
«Es gibt keinen sichereren Platz als Dein Haus», fügte er hinzu. Mit
diesem Hinweis, der die Menschen eigentlich beruhigen sollte, löste
Calderón aber eher Angst aus. Offenbar, so berichteten Zeitungen,
entschlossen sich viele, doch lieber zu Hause zu bleiben, und nicht
wie geplant in ein Hotel zu gehen, wie sonst an den sogenannten
Brückentagen. In ganz Mexiko gingen die Buchungen in den Keller.

Nur kurz zuvor hatte Gesundheitsminister José Ángel Córdova
weitere einschneidende Maßnahmen angekündigt, mit denen das in Mexiko
grassierende neue Virus eingedämmt werden soll. Zwischen dem 1. und
5. Mai sollen die Behörden weitgehend schließen, nur noch Supermärkte
und Apotheken sollen geöffnet bleiben. Auch die Müllabfuhr soll
weiter arbeiten, und die Medien dürfen weiter berichten.

«Die Fiesta ist zu Ende», schrieb die Tageszeitung «Reforma». Un
d
offensichtlich nicht nur in der Hauptstadt: Auch in anderen Städten
wurden Versammlungen und Feste vertagt. Und weil auch
Parteiveranstaltungen ausfallen, wird überlegt, ob die für den 5.
Juli dieses Jahres geplanten Parlamentswahlen, nicht verschoben
werden sollen.

Die «Fiesta» beginnt in Mexiko üblicherweise am
Donnerstagnachmittag in der Kneipe mit Freundin oder Freund und endet
am Sonntag im Kreise der Familie. Doch nun sind bereits seit Montag
in Mexiko-Stadt die etwa 25 000 Restaurants, die Bars und Cantinas
geschlossen. Sie dürfen Speisen zubereiten, aber nicht mehr im
Restaurant servieren, sondern nur noch außer Haus verkaufen.

«Das Restaurant ist wegen behördlicher Anordnung bis auf weiteres
geschlossen», steht an den verschlossenen Türen. Die Eigentümer sind
verärgert über die Maßnahme. Der Chef des Gaststättenverbandes,
Francisco Mijares, stöhnt: «Man hat uns den Todesstoß versetzt.» Er
st
das Rauchverbot, dann die Weltwirtschaftskrise und jetzt die
Schließung, das würden viele Betriebe nicht überleben.

Andere, wie der «Argentiner» in der Mineria-Straße im Stadtteil
Escandón oder das kleine Taco-Restaurant an der Straße Cozumel haben
ein paar Tische auf die Straße gestellt und versuchen so, den Betrieb
am Leben zu erhalten. Auch die Hotels mussten ihre Restaurants
schließen. «Die Küche arbeitet, sagt ein Portier des Hotels Sheraton
an der Reforma. «Wir haben ausschließlich auf Zimmer-Service
umgestellt.» Doch es kommen immer weniger Gäste. Die Empfehlungen der
Regierungen aus aller Welt, nur noch nach Mexiko zu reisen, wenn es
dringend notwendig ist, zeigt Wirkung. Ankommende Flugzeuge sind nur
noch zur Hälfte besetzt.

Doch nicht alle Mexikaner klagen über die verordnete Ruhe.
«Endlich kann ich in der Woche mit meiner Mama zusammen sein,» freut
sich die 14-jährige Marijose, die im Stadtteil Napoles wohnt.
Normalerweise steht sie jeden Morgen um kurz nach fünf auf, um
rechtzeitig in der Schule zu sein, ehe der Massenverkehr auf den
Straßen einsetzt. Marijose leidet an Asthma und ist es gewöhnt, einen
Mundschutz zu tragen. «Vor mir aus soll die Schule noch lange
geschlossen bleiben», sagt sie.

Und Luis, ihr 19-jähriger Bruder, der gern nächtelang durch die
Diskotheken zieht, hat nun endlich keine Ausreden mehr, sich vor dem
Examen zu drücken. «Ich kann nirgendwohin gehen», sagt er. Also
bleibe ich zu Hause und lerne.»
dpa fs xx a3 ia

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