Blutsauger gegen Arthrose - Zulassungsverfahren für Blutegel läuft Von Imke Hendrich, dpa
Potsdam/Bonn (dpa) - Sie sind bis zu 20 Zentimeter lang und
tummeln sich in großen Einmachgläsern. Einige der schwarz, grün oder
rot gefärbten Würmer haben sich mit ihren Saugnäpfen am Kopf an die
Gefäßwand geheftet, andere bekommen gerade ihr «Mittagessen»:
Pferdeblut. Regale voll mit Hunderten Gläsern schwimmender Blutegel
stehen im Labor von Detlef Menzel in Potsdam. Seit vielen Jahren
züchtet er die in der Medizin als «kleine Helfer» geschätzten
Blutsauger, nun hat seine BioRepro GmbH die Zulassung der Tierchen
als Fertigarzneimittel beantragt. «Bis zu 200 000 Egel will ich pro
Jahr an Heilpraktiker oder Krankenhäuser liefern, der Bedarf liegt
derzeit bei 300 000 Stück», erzählt der diplomierte Maschinenbauer.
Bislang nutze man in der Naturheilkunde, aber auch in der Unfall-
und der plastischen Chirurgie in Deutschland fast ausschließlich
Wildegel etwa aus der Türkei. «Es ist belegt, dass die medizinischen
Blutegel insbesondere bei Kniegelenksarthrose sowie bei chronischen
Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule helfen», erläutert Monika
Harms von der Landesapothekerkammer Brandenburg. «Ihr Speichelsekret
enthält etwa 200 Substanzen, die zusammen blutgerinnungshemmend,
gefäßerweiternd und schmerz- und entzündungshemmend wirken.»
Mit ihrem Speichel sondern die Egel diese Stoffe in eine von ihnen
gebissene Wunde ab und saugen dann bis zu 30 Minuten lang daran. Wenn
sie satt sind, fallen die Egel von selbst ab. Seit 2005 sind Blutegel
in Deutschland ein Fertigarzneimittel, das vom Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen sein muss. Wer
damals schon Blutegel verkaufte, musste bis September 2008 einen
Zulassungsantrag bei dem Institut stellen. «Es ist aus unserer Sicht
wichtig, dass nur kontrollierte Blutegel in der Medizin eingesetzt
werden», betont Kerstin Stephan vom BfArM in Bonn. Schließlich wisse
man nicht, woran etwa Wildegel aus Albanien schon gesaugt haben.
Es ist laut Stephan bislang nämlich nicht erforscht, ob Blutegel
beispielsweise infektiöse Viren übertragen können. Zum laufenden
Zulassungsverfahren für Blutegel-Farmen in Deutschland darf die
Expertin nichts sagen. Auch nicht, wie viele Anträge überhaupt
gestellt wurden. Neben Menzel will zumindest auch die Biebertaler
Blutegelzucht GmbH aus Hessen eine Zulassung erreichen, wie
Mitarbeiter Michael Aurich betont. Mit einem Jahresumsatz von 900 000
Euro sei die Farm die größte ihrer Art in Westeuropa. Nach Aurichs
Erkenntnissen gibt es bundesweit drei Betriebe, die Blutegel züchten.
Zurück nach Potsdam: Jährlich 3000 Zuchttiere importiert Menzel
aus der Türkei. Nach der Verpaarung der zwittrigen Tiere im Wasser
werden sie in Gläser mit Torf umgesiedelt, wo sie in Höhlen kleine
Kokons mit bis zu 15 Eiern ablegen. Die Kokons sehen aus wie Mini-
Schaumkugeln und fühlen sich an wie Styropor. Die Jungtiere werden
dann acht bis zehn Monate lang in Wassergläsern aufgepäppelt.
«Monatlich brauche ich etwa zehn bis zwölf Liter Pferdeblut», erzäh
lt
Menzel. Das «Futter» liefern zertifizierte Pferdegestüte.
«Sobald wir die Zulassung haben, können wir gleich 10 000 bis
15 000 Tiere im Monat abgeben.» Etwa sechs bis sieben Euro koste dann
ein unter Laborbedingungen und in rückverfolgbaren Chargen
produzierter medizinischer Blutegel (Hirudo medicinalis) als
Fertigarzneimittel, so Menzel. Diese Egel kommen übrigens seit
Jahrhunderten in der Medizin zum Einsatz. Unter künstlichen
Bedingungen können die Tierchen rund 20 Jahren alt werden - als
Fertigarznei sind sie aber ein «Einwegprodukt».
dpa im yybb a3 hu
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