Arme sind schwerer zu ersetzen als Beine - myoelektrische Prothesen Von Sandra Trauner, dpa
Düsseldorf/Frankfurt (dpa) - Karl-Heinz Ammon kann seinen
künstlichen Arm fast so gut bewegen als wäre er echt - und sogar
mehr als das. «Das kommt immer gut an», sagt der 43-jährige
Düsseldorfer grinsend und lässt seinen Unterarm einmal um die eigene
Achse rotieren. Seit sechs Jahren trägt er eine sogenannte
myoelektrische oder Funktionsprothese. Weltweit tragen nach
Herstellerangaben erst 500 Menschen ein solches Hightech-Gerät.
Ammon hatte seinen linken Arm bei einem Arbeitsunfall vor sieben
Jahren verloren. Am Flughafen Düsseldorf, wo er bereits damals
arbeitete, wurde sein Arm von der Hebebühne eines Cateringfahrzeugs
eingeklemmt. Seine Prothese steuert er mit den Muskeln des
verbliebenen Oberarmstumpfes. Auf der Innenseite des Schaftes liegen
Elektroden, die die Muskelbewegungen erkennen und in
Steuerungsimpulse übersetzen.
Wenn Ammon den vorderen Muskel anspannt, hebt sich der Unterarm,
wenn er den hinteren anspannt, senkt er sich wieder. Je stärker er
die Muskeln spannt, desto schneller geht das vonstatten. Spannt er
beide Muskelstränge gleichzeitig an, schaltet er auf eine andere Art
der Bewegung um, zum Beispiel auf Greifen oder Loslassen.
«Die technische Orthopädie hat große Fortschritte gemacht»,
berichtete Prof. Joachim Grifka (Regensburg), Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC),
kürzlich bei einer Fachveranstaltung in Frankfurt. «Vor allem bei den
myoelektrisch gesteuerten Armprothesen ist die Entwicklung rasant.»
Gute Prothesen für Beine seien leichter herzustellen, sagt der
Orthopäde. «Das ist eine geradlinige Bewegung auf und ab. Die
Feinmotorik einer Hand ist viel schwerer nachzuahmen.»
Das bestätigt auch der Hersteller, die Firma Otto Bock HealthCare
aus Duderstadt, Weltmarktführer für Prothesen. Nächster Schritt nach
der von Muskelkraft gesteuerten myoelektrischen Prothese sei der
«gedankengesteuerte Arm», berichtet Rüdiger Herzog aus der
Unternehmenskommunikation. Den gebe es allerdings erst als Prototyp.
«Damit sind noch rundere, differenziertere Bewegungen möglich.» Die
Myoelektrik ist übrigens den oberen Extremitäten vorbehalten,
künstliche Beine funktionierten mit einer komplett andere Technik.
«Beinprothesen sind näher am natürlichen Vorbild», sagt Herzog.
Nach Ammons Arbeitsunfall wurde der Arm in der Unfallklinik
Duisburg ab der Mitte des Oberarms amputiert. Zunächst bekam er eine
sogenannte Schmuckprothese, die eigentlich nur den Zweck erfüllt, den
Hemdärmel auszufüllen. «Ich war damit sehr unglücklich», sagt Amm
on.
«Als Herr Ammon 2002 das Hightech-Gerät angepasst bekam, war er
weltweit der dritte Patient», berichtet Orthopädie-Mechanikmeister
Erik Andres, der Ammon die Prothese angepasst hat. Das Besondere: Der
Prothesenträger kann verschiedene Bewegungstypen ausführen, er kann
den Arm nicht nur heben und senken, ihn drehen und mit der Hand
zugreifen. Er kann diese Bewegungen auch schneller und langsamer,
fester und sanfter ausführen. Allein die Finger sind nicht einzeln
beweglich sondern nur der Zeige-, der Mittelfinger und der Daumen.
Eine Funktionsprothese wie Ammon sie hat kostet rund 50 000 Euro.
«Die gibt es natürlich nicht auf Rezept», schränkt Grifka ein. Die
Kosten müssten von der Kasse genehmigt werden, oft würden sie auch
bewilligt, weil das Unfallopfer danach in der Regel wieder voll
berufstätig sein könne. Manchmal werde die Prothese aber auch «aus
medizinisch nicht immer nachvollziehbaren Gründen» abgelehnt, sagt
der Regensburger Prof. Grifka. Zum Beispiel, weil der Patient ja
bisher auch ohne ein solches Hightech-Gerät zurechtgekommen sei.
«Ohne das Ding hier wäre ich mit Sicherheit arbeitslos», sagt
Ammon, der inzwischen vom Cateringfahrer in die Warenwirtschaft
gewechselt ist. In seiner Freizeit fährt er Mountainbike und geht
Angeln. Seine Frau sei froh, dass sie nicht mehr mitgehen müsse, um
die Köder zu befestigen. «Für sie war das schon immer recht
langweilig», sagt der Vater dreier Töchter.
(Internet: www.dgooc.de; www.ottobock.de)
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