Entsetzen über Familientragödie an der Ostsee - Mutter in Klinik

Darry/Plön (dpa) - Die Familientragödie mit fünf getöteten Kinde
rn
im schleswig-holsteinischen Darry hat bundesweit Entsetzen und eine
erneute Debatte über den Schutz von Kindern ausgelöst. Ein
Amtsrichter ließ die dringend tatverdächtige 31-jährige Mutter am
Donnerstag vorläufig in eine psychiatrischen Klinik einweisen, sagte
der Kieler Oberstaatsanwalt Uwe Wick der Deutschen Presse- Agentur
dpa. «Wir beschuldigen sie des fünffachen Mordes, allerdings im
Zustand der vollständigen Schuldunfähigkeit.»

Am Mittwoch waren in dem kleinen Dorf Darry (Kreis Plön) in
unmittelbarer Nähe der Ostsee die Leichen der drei bis neun Jahre
alten Jungen im Haus der Familie gefunden worden. Die Kinder seien
mit Schlafmitteln betäubt worden, schilderte Wick. Das vorläufige
Ergebnis der Obduktion laute: Tod durch Ersticken. Der Tatzeitpunkt
sei nicht eindeutig festzustellen, sagte der Ankläger. Am Dienstag
waren die beiden ältesten Kinder noch in der Schule.

Der Soziale Dienst des Kreises Plön bekam erstmals im August
Hinweise, dass die Familie Hilfe brauche, sagte der Plöner Landrat
Volkmar Gebel (CDU). Die Initiative sei von einem der beiden Väter
ausgegangen. Er habe dem Sozialpsychiatrischen Dienst von religiösen
Fantasien der Mutter der fünf Jungen berichtet. Bei ihr sei eine
«Kontaktstörung» aufgefallen, sagte Petra Ochel vom
Sozialpsychiatrischen Dienst. Gebel zeigte sich erschüttert über das
Geschehen. «Nach meiner Einschätzung und heutigem Erkenntnisstand war
diese familiäre Tragödie leider nicht vermeidbar.»

Bei einem Hausbesuch im August gab es nach Angaben des Kreises
«deutliche Hinweise auf eine psychiatrische Erkrankung». Es wurde
aber keine akute Krisensituation festgestellt. Der Ehemann der 31-
Jährigen habe bis einen Tag vor der Tat in dem Haus in Darry gelebt,
hieß es. Ob der Mann die Familie dauerhaft verlassen habe, wollte
Wick nicht sagen. Der Ehemann und der Vater der älteren Kinder, der
die Frau schon länger verlassen hatte, reagierten laut Polizei
geschockt und werden ärztlich betreut.

Von Oktober bis Ende November bekam die seit September in Darry
wohnende Familie nach Vermittlung durch den Allgemeinen Sozialen
Dienst 15 Stunden pro Woche Hilfe im Haushalt. Am 4. Dezember meldete
der Kindergarten des dritten Kindes, dass sich der «Allgemeinzustand»
verschlechtert habe und die aktuelle Hilfe wohl nicht ausreiche. Das
Kind hatte Windpocken. Der Vater sei aufgefordert worden, sich an
einen Arzt zu wenden, hieß es weiter vom Kreis. Am Mittwoch, dem 5.
Dezember, sollte die Betreuerin nach dem Zustand der Kinder schauen.
«Das ist auch geschehen, aber leider zu spät», so Gebel. Zum Motiv
der Mutter konnte die Mordkommission noch nichts sagen. «Die
Ermittlungen laufen.»

Gebel fuhr fort: «Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass
wir von der Schule keinen Alarmruf bekommen haben.» Hintergrund sind
Berichte, die Kinder seien vernachlässigt zur Schule gekommen. Es
habe auch insgesamt keine Hinweise auf eine akute Gefährdung der
Kinder gegeben. Der Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes, Anselm
Brößkamp sagte: «Schulversäumnisse sind nicht gemeldet worden und
sind uns auch nicht bekannt.»

Das 450-Einwohnerdorf Darry stand am Donnerstag unter Schock. Der
reguläre Schulunterricht fiel aus. Weinende Eltern begleiteten ihre
Kinder zur Grundschule. «Es findet kein Unterricht statt, vier
Pastoren und Psychologen kümmern sich um die Schüler», sagte die
sichtlich bewegte Schulleiterin Andrea Danker-Isemer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte «eine Kultur des
Hinsehens» in der Gesellschaft. Alle müssten gemeinsam dafür sorgen,
«dass Kinder eine gesicherte Zukunft haben», sagte Merkel der
Berliner Tageszeitung «B.Z.» (Freitag). Bundesfamilienministerin
Ursula von der Leyen (CDU) forderte eine genaue Prüfung durch die
Behörden. Die Vorsitzende des Kinderhilfswerks Unicef Deutschland,
Heide Simonis, sagte: «Die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass
solche Fälle nicht mehr vorkommen dürfen.»
dpa ws/ir yyno z2 jg

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