Darf Abiturnote einziges Auswahlkriterium für Medizinstudenten sein?

Urteile aus Münster und München

Die Universität Münster darf bis zu 60 Prozent ihrer Medizinstudenten ausschließlich nach der Abiturnote auswählen. Das hat das Verwaltungsgericht Münster in einem im Januar 2006 bekannt gewordenen Eilbeschluss festgestellt. Ein Abiturient, der in Niedersachsen sein Abitur mit der Note 2,4 bestanden hatte, hatte erfolglos geklagt. Die Universität hatte jedoch für das Wintersemester 2005/2006 Bewerber mit einer Note von höchstens 1,5 angenommen. In der Hauptsache ist noch nicht entschieden.

Auch an der Universität Münster würden laut Gesetz 40 Prozent der Bewerber über die ZVS zugeteilt. Davon werde die Hälfte über die so genannte Wartezeitregelung zugeteilt. Damit sei auch für Bewerber mit nicht überragendem Schulabschluss ausreichend Gelegenheit, den gewünschten Studienplatz zu erhalten. So sei auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen, heißt es in der Begründung des Gerichts (Az.: 9 L 1071/05).

Hintergrund des Streits ist eine Änderung im Hochschulzulassungsrecht. Bislang durften die Hochschulen nur 24 Prozent ihrer Bewerber für das Medizinstudium selbst auswählen. Diese Quote wurde im vergangenen Jahr auf 60 Prozent angehoben. Die Hochschulen waren aber nicht sofort in der Lage, geeignete Auswahltests zu entwickeln und griffen somit auf die Abiturnote als einziges Kriterium zurück.

Der klagende Student hatte sich auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München berufen. Die Münchner Richter hatten argumentiert, die Durchschnittsnote sei deshalb nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, weil die Noten auf Grund der unterschiedlichen Leistungsanforderungen in den Gymnasien der einzelnen Bundesländern nicht ohne weiteres vergleichbar seien. Dieser Argumentation folgte das Verwaltungsgericht Münster nicht.

Das Münchner Verwaltungsgericht hat die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) per einstweiliger Anordnung verpflichtet, acht wegen schlechter Abiturnoten abgelehnte Bewerber zum Medizin-Studium zuzulassen. Beim Vergleich der Bewerber seien die großen Unterschiede in der Qualität des Abiturs zwischen den Bundesländern nicht berücksichtigt worden, monierte das Gericht.

Die Generalsekretärin der Hochschulrektoren-Konferenz, Christiane Ebel-Gabriel, zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Hochschulen ihre Auswahlverfahren verbessern werden. "Die Tendenz geht eindeutig dahin, die Auswahlkriterien zu differenzieren", sagte Ebel-Gabriel.

Beim Verfahren, das die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS) verwendet, werden solche Unterschiede durch Landesquoten ausgeglichen. Sie bewirken, dass stets nur Abiturienten aus demselben Bundesland beim Notendurchschnitt konkurrieren. Seit diesem Wintersemester vergibt die ZVS jedoch nur noch 20 Prozent der Studienplätze in bundesweit zulassungsbeschränkten Fächern. Weitere 20 Prozent werden nach Wartezeiten verteilt. Die übrigen 60 Prozent fallen nun in das eigene Auswahlrecht der Hochschulen.

dpa