Radikaler Abtreibungsgegner darf Frauenarzt nicht Mord vorwerfen

Frauenarzt darf wegen legaler Abtreibungen nicht als Mörder bezeichnet werden

Wer einen Gynäkologen wegen legaler Abtreibungen indirekt als Mörder bezeichnet, kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe der Klage eines Arztes gegen den radikalen Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen aus Weinheim (Baden-Württemberg) stattgegeben. Danach darf Annen auf seiner Internetseite www.babycaust.de dem dort namentlich genannten Mediziner nicht mehr vorwerfen, er begehe mit den Schwangerschaftsabbrüchen Mord. Annen war bereits in zahlreiche Prozesse verwickelt. Das Urteil ist
rechtskräftig. (Az: 6 U 98/06 vom 28. Februar 2007)

Laut OLG findet sich auf der Website - auf der von einem «Holocaust im Mutterschoß» die Rede ist - eine umfangreiche, mit Namen und Anschriften versehene Liste von Frauenärzten, die in Deutschland Abtreibungen vornehmen. In einer Rubrik «Deutsche Zeitgeschichte in Kurzform» ist dort zu lesen: «Pervertierte Ärzte ermordeten im Auftrag der Mutter die ungeborenen Kinder.» Mit einem weiteren Klick gelangt man auf eine Seite, auf der es heißt: «Beten Sie, wenn möglich regelmäßig, für die Mediziner ... welche den MORD der Abtreibungstötung selbst vornehmen. ...»

Die Richter werteten diese Äußerungen als persönlichen Vorwurf gegen die genannten Ärzte, unmittelbar an einem Mord beteiligt zu sein. Dafür sprächen der fehlende Hinweis auf die Straffreiheit der Abtreibung ebenso wie der vielfache Vergleich von Abtreibungen mit der Vernichtung von Juden im Nationalsozialismus.

Das OLG berief sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Jahr, das die Rechte Betroffener gegen Radikalkritik gestärkt hatte. Damals ging es ebenfalls um Annen. Auch beim Bundesgerichtshof war der Abtreibungskritiker unterlegen: Nach einem Beschluss aus dem Jahr 2003 muss ein Frauenarzt nicht hinnehmen, wegen «rechtswidriger Abtreibungen» angeprangert zu werden.

dpa