Eltern bekommen Schadenersatz für ungewolltes Kind

Dem Gynäkologen bei Behandlung ein Fehler unterlaufen

Eltern können wegen einer ungewollten Schwangerschaft nach einer fehlerhaften Verhütungsbehandlung vom Frauenarzt den gesamten Unterhalt für ihr Kind verlangen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. November 2006 gilt dies nicht nur für die Mutter und ihren Ehemann, sondern auch für ihren nicht verheirateten Partner. Damit gab das Karlsruher Gericht einer 25-jährigen Frau aus dem Raum Waldshut-Tiengen (BadenWürttemberg) Recht, die - auch im Namen den nichtehelichen Vaters - auf Schadenersatz geklagt hatte. (Az: VI ZR 48/06 vom 14. November 2006)

Die junge Frau hatte sich vor vier Jahren ein lang wirkendes Verhütungsmittel - ein Plastikröhrchen - oberhalb der Armbeuge einsetzen lassen, war aber trotzdem schwanger geworden, weil ihrem Gynäkologen bei der Behandlung ein Fehler unterlaufen war. Der Nachwuchs aus der gerade ein halbes Jahr alten Partnerschaft kam ihr ungelegen, weil sie einen Job als Erzieherin in der Schweiz antreten wollte. Nun muss der Mediziner bis zum 18. Lebensjahr des heute dreijährigen Jungen Unterhalt zahlen; derzeit sind dies annähernd 600 Euro im Monat, abzüglich des Kindergeldes.

Mit dem Urteil erweitert der BGH seine langjährige Rechtsprechung zur Haftung des Arztes für Fehler, die zu einem ungewollten Kind führen. Der Vertrag zwischen einer Patientin, die sich zur Verhütung einer Schwangerschaft behandeln lasse, und ihrem Arzt diene auch dem Schutz ihres jeweiligen nichtehelichen Partners vor Unterhaltsansprüchen aus einer nicht geplanten Schwangerschaft, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Damit kann auch der nicht verheiratete Vater seine Unterhaltszahlungen beim Arzt einklagen.

In der mündlichen Verhandlung hatte sich BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller gegen immer wieder geäußerte Kritik an der Rechtsprechung ihres Senats zum «Kind als Schaden» gewandt. «Nicht die Existenz des Kindes stellt einen Schaden dar, wohl aber sein Unterhaltsbedarf», stellte die Juristin klar. Im Urteil bekräftigte das Gericht, dass der Arzt haftet, wenn der unverhoffte Nachwuchs die gegenwärtige berufliche Planung einer jungen Frau durchkreuzt - auch dann, wenn ihre künftige Familienplanung noch nicht absehbar und damit ein späterer Kinderwunsch möglich sei. Die Anwältin des Arztes hatte argumentiert, die Frau hätte - wäre sie später entsprechend ihrer Planung schwanger geworden - ohnehin für den Unterhalt aufkommen müssen.

Nach der bereits zweieinhalb Jahrzehnte alten und vom Bundesverfassungsgericht abgesegneten Rechtsprechung des BGH werdensolche Schadenersatzansprüche grundsätzlich auch bei fehlgeschlagener Sterilisation und falscher genetischer Beratung gewährt. Auch bei erfolglosen Abtreibungsversuchen sind Ansprüche denkbar, allerdings nur unter eingeschränkten Bedingungen.

dpa