Sorge vor wirtschaftlichen Schäden durch Vogelgrippe wächst

Für Geflügelhalter ist die Vogelgrippe an sich nichts Ungewöhnliches

mehr. Doch in diesem Herbst steigen die Infektionszahlen sehr schnell
- und mit ihnen die Unruhe.

Berlin/Greifswald (dpa) - Mit der schnellen Ausbreitung der
Vogelgrippe in Deutschland wächst die Sorge vor wirtschaftlichen
Schäden. Die Tierseuche hat sich nach Angaben des
Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) mittlerweile fast über ganz
Deutschland ausgedehnt. Nachdem zuletzt auch aus Bayern und
Baden-Württemberg Infektionsfälle gemeldet wurden, seien inzwischen
kommerzielle Geflügelhalter in acht Bundesländern betroffen. An
einigen Orten ordneten die Behörden eine Stallpflicht an und
untersagten Geflügelmärkte. 

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) rief zu verstärkten
Schutzmaßnahmen auf. «Oberste Priorität ist hier, die Ausbreitung des

Virus zu verhindern, Tiere zu schützen und Schäden für unsere Land-
und Lebensmittelwirtschaft abzuwenden», sagte der CSU-Politiker in
Berlin. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft warnte:
«Wenn wir nicht handeln, riskieren wir nicht nur Tiergesundheit,
sondern auch die Versorgungssicherheit.» 

Die Lage: zahlreiche Ausbrüche

«Aktuell gibt es zahlreiche Ausbrüche, sowohl bei Wildgeflügeln als
auch bei Geflügelhaltungen. Dies ist eigentlich für die jetzige
Jahreszeit nicht ungewöhnlich», sagte Rainer. «In den vergangenen 14

Tagen gab es aber einen sehr schnellen Anstieg der Infektionen. Das
zeigt auch, wie ernst die Lage ist und wie wichtig gemeinsames und
auch koordiniertes Handeln hier ist.» Das FLI in Greifswald hat die
Risikoeinschätzung inzwischen auf hoch angehoben.

Das Virus ist bei hoher Infektionsdosis prinzipiell auch auf den
Menschen übertragbar. In Deutschland ist dem Robert Koch-Institut
zufolge noch kein H5N1-Fall bei einem Menschen bekannt geworden, eine
Erkrankung könnte den Angaben zufolge aber schwer verlaufen. Laut dem
zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut besteht für die Bevölkerung
jedoch derzeit kein besonderes Risiko für schwerwiegende
Erkrankungen.

Zwar ist die Tierseuche in Deutschland inzwischen ganzjährig
verbreitet, doch mit dem Vogelzug im Herbst gewinnt das
Infektionsgeschehen deutlich an Fahrt. Unter Kranichen hat die
Ausbreitung der Vogelgrippe nach Einschätzung FLI ein in Deutschland
bislang nicht gekanntes Ausmaß angenommen. 

Im Linumer Teichgebiet bei Berlin, einem der größten
Kranich-Rastplätze Deutschlands, wurden schon mehr als 1000 tote
Kraniche geborgen. Zuletzt kamen erste Bestätigungen von
Vogelgrippe-Fällen der aktuellen Welle aus Hessen und Berlin.
Inzwischen wurden auch Großbetriebe mit Legehennen und Mastputen von
dem Virus erfasst. Für den Monat Oktober zählt das FLI bislang mehr
als 21 Ausbrüche in Nutzgeflügel-Haltungen. 

Die Gegenmaßnahmen: Keulungen und Entschädigungen

Landwirtschaftsminister Rainer hat sich am Donnerstag mit Ministern
der Bundesländer ausgetauscht; sie sind für die Seuchenbekämpfung
zuständig. Das Bundesministerium hat zudem bei der EU beantragt, die
Obergrenze von Entschädigungszahlungen für Tiere, die getötet werden

müssen, von 50 Euro auf bis zu 110 Euro hochzusetzen. In der Regel
ist der Marktwert Grundlage für Entschädigungszahlungen aus der
Tierseuchenkasse. 

Die Seuche ist eine Gefahr für Geflügelhalter. Bei einem Fall auf
einem Hof muss der Bestand gekeult werden, das heißt, dass alle Tiere
getötet werden. Das FLI schätzt, dass in diesem Herbst bislang mehr
als 200.000 Hühner, Gänse, Enten und Puten nach
Geflügelpestausbrüchen in den jeweiligen Haltungen getötet und
entsorgt wurden, um die Ausbreitung der Seuche einzudämmen

Zu den Gegenmaßnahmen zählen Schutzzonen von mehreren Kilometern um
die betroffenen Betriebe sowie größere Überwachungszonen. Das FLI
listet derzeit bundesweit 14 solcher Sperrzonen - am Samstag kommt
eine Zone im Kreis Kleve am Niederrhein hinzu. Dort gilt eine
Stallpflicht, um das Geflügel von wildlebenden Vögeln und Nagetieren
zu isolieren. Futter oder das Fleisch geschlachteter Tiere, das den
Virus enthalten könnte, darf nicht aus der Zone heraus gebracht
werden. Die Betriebe müssen an den Zu- und Abfahrtswegen täglich
Desinfektionsmaßnahmen durchführen

Die Branche setzt auf umfassende Vorsichtsmaßnahmen, betonte der
Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft. «Die Länder müssen

die Stallpflicht für gefährdete Regionen prüfen - besonders für
Freilandhaltungen». Für Gänsehalter müsse es praktikable Ausnahmen

geben.

Die Folgen für die Betriebe

«Viele von uns sind schwer verunsichert», sagte Georg Heitlinger,
Landwirt und Vorsitzender des Geflügelwirtschaftsverbands
Baden-Württemberg. Die Halter seien zwar die fast jährliche
Wiederkehr der Vogelgrippe gewohnt. «Aber dieses Mal ist es ein
wirklich sehr aggressiver Virus.» Solch ein Fall könne schnell
existenzbedrohend für Halter werden, vor allem bei Legehennen, weil
sie länger im Stall stünden als Masthühnchen.

Nutztierhalter müssen in die Tierseuchenkasse ihres Bundeslandes
einzahlen, die in solchen Fällen einspringt. Nach dem
Tierseuchengesetz sind Entschädigungen vor allem für Tiere zu
leisten, die auf behördliche Anordnung getötet wurden. Die
Einzelbestimmungen sind je nach Land unterschiedlich. Erstattet wird
der jeweilige Zeitwert der getöteten Tiere erstattet, unter Umständen
auch zusätzliche Hygienemaßnahmen. Keine Entschädigung gibt es aber
für Folgeschäden wie etwa Strafen für nicht erfüllte Lieferverträ
ge.

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