Durch Kranich-Züge: Angst vor Vogelgrippe wächst Von Katja Sponholz, dpa
Nicht nur als vermeintliche Glücksbringer sind sie jetzt unterwegs
nach Süden: Aktuell können Kraniche auch das gefährliche
Vogelgrippe-Virus mit sich tragen. Pflegestellen ziehen schon
Konsequenzen.
Mainz/Saarbrücken (dpa/lrs) - Auch im Südwesten befürchten
Tierschützer und Behördenvertreter, dass sich unter Kranichen die
Vogelgrippe ausbreitet und diese und weitere Arten gefährden könnte.
Nachdem etwa an der Mecklenburgischen Seenplatte und in Brandenburg
hunderte tote Kraniche gefunden wurden, könnten die aktuellen
Vogelzüge dazu führen, dass mit dem hochansteckenden Virus befallene
Tiere auch im Saarland und in Rheinland-Pfalz rasten.
«In Größenordnung einmaliger Wildtierseuchen-Ausbruch»
Die Staatliche Vogelschutzwarte in Brandenburg schätzte den Verlust
am Mittwoch auf bislang über 1.000 Individuen und spricht von einem
«in dieser Größenordnung bislang einmaligen Ausbruch einer
Wildtierseuche».
Die Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umwelt in Mainz hat bislang
zwar noch keine Meldungen zu verstorbenen Vögeln erhalten, aktuell
gebe es jedoch die Information, dass in Hessen ein starker Ausbruch
der Vogelgrippe anlaufe. «Damit wächst natürlich die
Wahrscheinlichkeit, dass über kurz oder lang auch Rheinland-Pfalz und
das Saarland betroffen sein werden», sagte der wissenschaftliche
Mitarbeiter Christian Dietzen.
Wildvogel-Auffangstation geschlossen
Das bundesweit zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in
Greifswald hatte in dieser Woche den Verdacht einer Infektion mit dem
Vogelgrippevirus H5N1 bei eingesandten Kranichproben aus
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen
bestätigt.
Die Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, ist eine hochansteckende
und bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufende
Infektionskrankheit. Für Menschen ist sie Experten zufolge nicht
gefährlich.
Die zentrale Wildvogel-Auffangstation des Saarlandes in Püttlingen
zog bereits Konsequenzen: Sie nimmt aktuell keine Tiere mehr auf. Ein
Kranich, der an einem Weiher in Eppelborn krank gefunden auf dem Weg
zur Station verendet war, wurde dem Veterinäramt übergeben. «Aus
Sicherheitsgründen haben wir einen Aufnahmestopp verhängt», sagte
Mitarbeiterin Jennifer Stein der Deutschen Presse-Agentur.
Aktuell befänden sich in der Station knapp 30 Stadt- und
Ringeltauben. «Wenn der Kranich hier gewesen und infiziert gewesen
wäre, hätten wir alle einschläfern lassen müssen.» Bei dem
gestorbenen Kranich habe es sich um einen Jungvogel gehandelt: «Ich
mache mir jetzt Sorgen, dass auch die anderen Wasservögel, die sich
mit ihm am Weiher aufgehalten haben, und die Tiere aus seinem Zug
infiziert sind», so Stein.
Viele Meldungen von kranken Kranichen beim Tiernotruf
Auch der Verein Tiernotruf Saarland nimmt seit Dienstag keine Vögel
mehr auf. Nach Auskunft des Gründers und Vorsitzenden Thorsten Jochum
erhalte der Verein derzeit außergewöhnlich viele Meldungen zu
geschwächten und verletzten Kranichen. Unter diesen Rahmenbedingungen
sei eine angemessene, sichere Versorgung von Vögeln nicht
gewährleistet. Auch die privaten Pflegestellen werden bis auf
weiteres nicht beschickt. «Das ist mir einfach zu heiß», so Jochum.
«Im Grunde können wir eine Pandemie auslösen, wenn wir sie aufnehmen
würden.» Kranke Kraniche würde er noch unter großen
Sicherheitsvorkehrungen in die Tierklinik Elversberg fahren, bei
toten Tieren alarmiere er das Veterinäramt.
Nur kurze Rast-Stopps in Rheinland-Pfalz
Von der Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umwelt wird das Risiko,
dass Rheinland-Pfalz ein Hotspot für Vogelgrippe wird, eigentlich als
nicht so hoch eingeschätzt, weil man auf der Durchflugroute Richtung
iberische Halbinsel, Ost-Frankreich und Marokko liege und es nur
wenige Rastvorkommen gebe -etwa an der Westerwälder Seenplatte. «Dort
legen die Vögel nur recht kurze Rast-Stopps ein und fliegen dann
relativ schnell weiter», sagte Christian Dietzen. Um den Dreifelder
Weiher seien jedoch mitunter um die 1.000 Exemplare dieser imposanten
Vögel zu sehen.
Üblicherweise brechen die Tiere morgens im Nordosten Deutschland auf,
wo sich die größten Rast- und Sammelplätze befinden, und fliegen dann
nachmittags über Rheinland-Pfalz und das Saarland, um am Abend am Lac
du Der in Frankreich einzutreffen. Starker Regen, Gegenwind oder
Schnee könne die Vögel jedoch auch schon vorher zum Rasten zwingen.
Die großen Durchzüge stehen noch bevor
Nach Einschätzung des Vogelexperten Dietzen seien bislang noch nicht
so viele Kraniche durchgezogen: «Die große Masse dürfte sich noch im
Nordosten Deutschlands befinden», vermutet er. Ein Kaltlufteinbruch
und die ersten Fröste seien der Zeitpunkt, wenn ein großer Aufbruch
beginne. «Da wird sich in den nächsten Wochen noch einiges tun», ist
er überzeugt.
Momentan schätze er die Todesfälle bei den Kranichen in Deutschland
bislang nicht als bestandsgefährdend ein. «Aber wenn sich das Virus
weiter ausbreitet und vielleicht auch andere Arten betrifft, kann es
natürlich schon bedrohliche Ausmaße annehmen.» Aktuell müsse man di
e
Entwicklung gut im Auge behalten, um bei Bedarf schnell reagieren zu
können.
Umweltministerium rät zu Vorsichtsmaßnahmen
Nach Auskunft des saarländischen Umweltministeriums sollten tote oder
kranke Vögel, insbesondere Wassergeflügel und Greifvögel, umgehend
der zuständigen Veterinärbehörde gemeldet werden. Tiere sollten
grundsätzlich nur mit Handschuhen angefasst werden. Wer Kontakt zu
verendeten Wildvögeln hatte, sollten Geflügelställe zum Schutz vor
einer möglichen Virusübertragung für 48 Stunden nicht betreten.
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