Prozess: Magdeburger Todesfahrer ab November vor Gericht

Taleb al-Abdulmohsen raste vor etwa einem Jahr über den
Weihnachtsmarkt, tötete sechs Menschen und verletzte mehr als 300. Im
November wird ihm nun der Prozess gemacht. Was dazu bekannt ist.

Magdeburg/Naumburg (dpa) - Der Todesfahrer vom Magdeburger
Weihnachtsmarkt muss sich ab dem 10. November vor Gericht
verantworten. Das teilte das Landgericht Magdeburg mit. Am 20.
Dezember vergangenen Jahres war Taleb al-Abdulmohsen mit einem Auto
über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Er soll sechs Menschen
getötet und mehr als 300 zum Teil schwer verletzt haben. Es kamen ein
neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren zu
Tode. Damit die derzeit über 100 Nebenkläger Platz finden, wurde für

den Prozess ein eigenes Gebäude gebaut.

Mehrfacher Mord und versuchter Mord

Mitte August hatte die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Anklage
gegen den 50 Jahre alten al-Abdulmohsen erhoben. Dem Arzt wird
mehrfacher Mord und versuchter Mord vorgeworfen. Außerdem legt die
Generalstaatsanwaltschaft dem Mann gefährliche Körperverletzung zur
Last. Al-Abdulmohsen wird dem Landgericht nach von zwei Anwälten
verteidigt. 

Mehr zum Ablauf des Prozesses soll folgen

Zu der Verhandlung vor der ersten großen Strafkammer des
Schwurgerichtes sind dem Landgericht der Landeshauptstadt von
Sachsen-Anhalt nach derzeit 147 Nebenkläger zugelassen. Weitere
Personen hätten eine Zulassung beantragt. «Die Zahl kann sich noch im
Laufe des Prozesses immer wieder ändern», sagte Gerichtssprecher
Christian Löffler auf Anfrage. 

Die Nebenkläger sollen von etwa 40 Anwälten vertreten werden, hieß
es. Wie viele Prozesstage es gibt, ist bislang unklar. Nicht bekannt
ist derzeit auch noch, wie viele Prozesstage geplant und wie viele
Zeugen und Sachverständigen geladen sind. «Das ist alles Teil eines
Ablaufplans für den Prozess», erklärte Löffler. Mit diesem sei in d
er
nächsten Woche zu rechnen. 

Nicht-öffentliches Treffen vor dem Prozess

Der Anschlag dauerte laut der Generalstaatsanwaltschaft eine Minute
und vier Sekunden. Der saudische Arzt habe einen 340 PS starken
Mietwagen genutzt. Er soll mit bis zu 48 Kilometern pro Stunde über
den Weihnachtsmarkt gefahren sein. Insgesamt schädigte er den Angaben
zufolge 344 Menschen.

Bevor die öffentliche Verhandlung beginnt, soll es Löffler zufolge
ein Treffen geben. Der Vorsitzende Richter wolle sich mit den
Verteidigern, der Staatsanwaltschaft und den Nebenklägeranwälten zum
«äußeren Ablauf» der Hauptverhandlung abstimmen. Der Angeklagte und

die Nebenkläger nehmen daran nicht teil, hieß es. Ein solcher nicht
öffentlicher Termin sei für umfangreiche Strafverfahren wie das gegen
al-Abdulmohsen gesetzlich vorgesehen. 

Eigens gebautes Interims-Gerichtsgebäude 

Damit alle Betroffenen - soweit sie möchten - am Prozess teilnehmen
können, wurde ein Interims-Gerichtsgebäude errichtet. Die Dimensionen
sind enorm: Allein der Verhandlungssaal ist 65 Meter lang und 30
Meter breit, er bietet etwa 450 Nebenklägern und ihren
Rechtsbeiständen Platz. Rund 200 Besucher und Medienvertreter können
den Prozess verfolgen. 

Alle bestehenden Gerichtssäle im Land hätten nach Angaben des
sachsen-anhaltischen Justizministeriums nicht ausgereicht. Es handele
sich um eines der größten Strafverfahren in der Nachkriegsgeschichte,
das besondere Anforderungen an Raum, Organisation und Sicherheit
stelle.

Unzufriedenheit und Frustration 

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte in einer Mitteilung zur
Anklageerhebung mitgeteilt, die Tat sei mehrere Wochen in
Einzelheiten geplant und vorbereitet worden. Al-Abdulmohsen habe
«offenbar aus Unzufriedenheit und Frustration über den Verlauf und
den Ausgang einer zivilrechtlichen Streitigkeit sowie die
Erfolglosigkeit diverser Strafanzeigen gehandelt, und zwar mit dem
Ziel, eine unbestimmte, möglichst große Anzahl von Personen und
Personengruppen, die in den Fahrbereich seines Fahrzeugs gelangen
würden, zu töten.» Mittäter und Mitwisser habe es nicht gegeben.

Das Landgericht hatte das Verfahren zuletzt noch einmal dem
Generalbundesanwalt zur Strafverfolgung vorgelegt. Es hatte
angenommen, dass es sich um Straftaten handelte, die geeignet seien,
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen.
Karlsruhe lehnte die Übernahme ab mit der Begründung, es gebe keinen
Staatsschutzbezug. 

Arzt in Psychiatrie mit fachlichen Defiziten

Vor der Todesfahrt arbeitete al-Abdulmohsen im Maßregelvollzug in
Bernburg (Salzlandkreis) als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Dort werden Menschen behandelt, die wegen einer psychischen
Erkrankung oder einer Suchtmittelabhängigkeit straffällig geworden
sind. 

Angaben seines Arbeitsgebers nach ist al-Abdulmohsen dort immer
wieder auffällig geworden, etwa durch wirre Mails, Unzuverlässigkeit
und fachliche Defizite. Psychotherapeutischen Behandlungen seien ihm
nicht zugetraut worden, hieß es in einem Bericht. 

Anfang Februar war bekanntgeworden, dass sich ein Kollege ein paar
Monate vor dem Anschlag Sorgen um die Verfassung von al-Abdulmohsen
machte und diese Hinweise auch an Vorgesetzte weitergab. Auch mehrere
Sicherheitsbehörden befassten sich immer wieder mit dem Täter, er war
aber als Gegner von Islamisten letztlich durch alle Raster gefallen.

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