Magdeburg-Anschlag: Täter ab 10. November vor Gericht

Rund ein Jahr nach seiner Todesfahrt über den Magdeburger
Weihnachtsmarkt muss sich der Täter vor Gericht verantworten. So
sehen die Pläne für den Prozess aus.

Magdeburg/Naumburg (dpa) - Der Prozess gegen den Todesfahrer vom
Magdeburger Weihnachtsmarkt beginnt am 10. November. Das teilte das
Landgericht Magdeburg mit. Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet. 

Zu dem Prozess vor der ersten großen Strafkammer des Schwurgerichtes
sind den Angaben nach bislang 147 Nebenkläger zugelassen. Weitere
Personen hätten eine Zulassung beantragt. Die Nebenkläger sollen von
etwa 40 Anwälten vertreten werden. Wie viele Prozesstage es gibt, ist
bislang unklar.

Mehrfacher Mord und versuchter Mord

Mitte August hatte die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Anklage
gegen den 50 Jahre alten Taleb al-Abdulmohsen erhoben. Er soll sechs
Menschen getötet und mehr als 300 zum Teil schwer verletzt haben. Es
kamen ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75
Jahren zu Tode. 

Dem Arzt wird mehrfacher Mord und versuchter Mord vorgeworfen.
Außerdem legt die Generalstaatsanwaltschaft dem Mann gefährliche
Körperverletzung zur Last. Al-Abdulmohsen wird dem Landgericht nach
von zwei Anwälten verteidigt. 

Am 20. Dezember vergangenen Jahres war der Täter mit einem Auto über
den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Der Anschlag dauerte laut der
Generalstaatsanwaltschaft eine Minute und vier Sekunden. Der
saudische Arzt habe einen 340 PS starken Mietwagen genutzt. Er soll
mit bis zu 48 Stundenkilometern über den Weihnachtsmarkt gefahren
sein. Insgesamt schädigte er den Angaben zufolge 344 Menschen.

Eigens gebautes Interims-Gerichtsgebäude 

Damit alle Betroffenen - soweit sie möchten - am Prozess teilnehmen
können, wurde ein Interims-Gerichtsgebäude errichtet. Die Dimensionen
sind enorm: Allein der Verhandlungssaal ist 65 Meter lang und 30
Meter breit, er bietet etwa 450 Nebenklägern und ihren
Rechtsbeiständen Platz. Rund 200 Besucher und Medienvertreter können
den Prozess verfolgen. 

Alle bestehenden Gerichtssäle im Land hätten nach Angaben des
sachsen-anhaltischen Justizministeriums nicht ausgereicht. Es handele
sich um eines der größten Strafverfahren in der Nachkriegsgeschichte,
das besondere Anforderungen an Raum, Organisation und Sicherheit
stelle.

Unzufriedenheit und Frustration 

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte in einer Mitteilung zur
Anklageerhebung mitgeteilt, die Tat sei mehrere Wochen in
Einzelheiten geplant und vorbereitet worden. Al-Abdulmohsen habe
«offenbar aus Unzufriedenheit und Frustration über den Verlauf und
den Ausgang einer zivilrechtlichen Streitigkeit sowie die
Erfolglosigkeit diverser Strafanzeigen gehandelt, und zwar mit dem
Ziel, eine unbestimmte, möglichst große Anzahl von Personen und
Personengruppen, die in den Fahrbereich seines Fahrzeugs gelangen
würden, zu töten». Mittäter und Mitwisser habe es nicht gegeben.

Das Landgericht hatte das Verfahren zuletzt noch einmal dem
Generalbundesanwalt zur Strafverfolgung vorgelegt. Es hatte
angenommen, dass es sich um Straftaten handelte, die geeignet seien,
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen.
Karlsruhe lehnte die Übernahme ab mit der Begründung, es gebe keinen
Staatsschutzbezug. 

Arzt in Psychiatrie mit fachlichen Defiziten

Vor der Todesfahrt arbeitete al-Abdulmohsen im Maßregelvollzug in
Bernburg (Salzlandkreis) als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Dort werden Menschen behandelt, die wegen einer psychischen
Erkrankung oder einer Suchtmittelabhängigkeit straffällig geworden
sind. 

Angaben seines Arbeitsgebers nach ist al-Abdulmohsen dort immer
wieder auffällig geworden, etwa durch wirre Mails, Unzuverlässigkeit
und fachliche Defizite. Psychotherapeutischen Behandlungen seien ihm
nicht zugetraut worden, hieß es in einem Bericht. 

Anfang Februar war bekanntgeworden, dass sich ein Kollege ein paar
Monate vor dem Anschlag Sorgen um die Verfassung von al-Abdulmohsen
machte und diese Hinweise auch an Vorgesetzte weitergab. Auch mehrere
Sicherheitsbehörden befassten sich immer wieder mit dem Täter, er war
aber als Gegner von Islamisten letztlich durch alle Raster gefallen.

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