Hitze belastet viele im Job Von Anne Stein, dpa

Sommer, Sonne, Sonnenschein - was früher oft ein Grund zur Freude
war, wird heute deutlich kritischer gesehen. Gerade am Arbeitsplatz
wird Hitze zum Problem, wie eine neue Umfrage zeigt.

Berlin (dpa) - Stickige Luft im Büro, drückende Temperaturen in
Werkshallen und auf Baustellen: Fast ein Viertel der Beschäftigten in
Deutschland fühlt sich einer Umfrage zufolge bei Hitze während der
Arbeit stark beeinträchtigt. Eine solche hohe Belastung gaben 23
Prozent bei der Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit
an, die am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Das seien etwa zehn
Millionen Menschen. Der Sommer 2024 naht schon. Und
Gesundheitsexperten haben Hitze bereits als brennendes Thema im
Blick.

DAK-Chef Andreas Storm sagte: «Hitze ist das größte durch den
Klimawandel bedingte Gesundheitsrisiko in Deutschland - auch für die
Beschäftigten.» Beim Klima- und Hitzeschutz seien eine
Bewusstseinswende und mehr Aufklärung nötig. «Ein breites Bündnis d
er
Akteure muss sich für eine resiliente Arbeitswelt einsetzen, die
sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt nachhaltig gestaltet
ist.»

Für den «DAK-Gesundheitsreport» befragte das
Meinungsforschungsinstitut Forsa den Angaben zufolge im Zeitraum 22.
August bis 8. September 2023 rund 7000 Beschäftigte zwischen 18 und
65 Jahren. Alle Auszählungen und Analysen wurden demnach durch das
Iges Institut auf Basis des von Forsa übernommenen Rohdatensatzes
erstellt. Daneben wurden für den Report weitere Datenquellen genutzt.
So wurden unter anderem die Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen
DAK-Versicherten ausgewertet.

Hitzewellen beeinflussen Arbeitsbedingungen

Rund 69 Prozent der Beschäftigten sehen der Umfrage zufolge eine
Einschränkung ihrer Leistung durch extreme Temperaturen. 19 Prozent
haben demnach hitzebedingte Gesundheitsprobleme. «Unser Report zeigt
alarmierend, wie Hitzewellen bereits jetzt die Arbeitsbedingungen
beeinflussen und sich auf Wohlbefinden, Gesundheit und
Leistungsfähigkeit der Beschäftigten auswirken», sagte Storm.

Bestimmte Berufsgruppen sind laut der Umfrage von August/September
2023 bei Hitze besonders oft beeinträchtigt. So gaben von den
befragten Pflegekräften 49 Prozent an, stark belastet zu sein. Im
Baugewerbe oder im Handwerk seien es 28 Prozent gewesen. Insgesamt
führe das Arbeiten bei hohen Temperaturen häufig zu verminderter
Leistung: Gut die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gab an, nicht so
produktiv zu sein wie sonst. 42 Prozent gaben an, bei großer Hitze
Schwierigkeiten mit der Konzentration zu haben.

Gesundheitliche Probleme durch Extremtemperaturen haben der Umfrage
zufolge 19 Prozent aller Beschäftigten. «Es ist alarmierend, dass
fast jeder fünfte Beschäftigte hitzebedingte Gesundheitsprobleme
kennt», sagte Volker Nürnberg, der den Report als Experte für
betriebliches Gesundheitsmanagement begleitete. Firmen müssten rasch
alle Arbeitsabläufe an Hitzeperioden anpassen und Maßnahmen zum
Schutz der Beschäftigten ergreifen.

Handlungsauftrag für Politik und Wirtschaft

Maßnahmen für Kühle und Schatten sind der Umfrage zufolge schon
weitverbreitet und werden von Beschäftigten stark genutzt. Fast drei
Viertel können demzufolge den Arbeitsort durch Verdunklung oder
Beschattung kühlen: Knapp 70 Prozent geben an, das Angebot bei Hitze
wahrzunehmen. Dennoch machen sich 28 Prozent der Beschäftigten
Sorgen, dass ihr Betrieb langfristig nicht ausreichend auf
wiederkehrende Hitzeperioden vorbereitet ist.

Maike Voss, geschäftsführende Direktorin des Centre for Planetary
Health Policy, sieht den Report als Handlungsauftrag an Politik und
Wirtschaft. «Die ersten Hitzerekorde haben wir 2024 bereits im
Frühling erlebt. Jetzt ist es höchste Zeit, sich auf einen heißen
Sommer im Betrieb vorzubereiten.» Dafür müssten Unternehmen genau
wissen, welche Beschäftigten besonders gefährdet und welche
Schutzmaßnahmen wirksam und erprobt seien.

Die Bundesregierung und Medizinexperten haben Hitzerisiken ebenfalls
schon stärker ins Visier genommen. Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) aktivierte im vergangenen Jahr erstmals einen
nationalen Hitzeschutzplan, der unter anderem mehr öffentliche
Informationen, mehr Vorbereitung und direkte Tipps von Hausärztinnen
und Hausärzten vorsieht. Im Blick stehen auch Aufklärung und
Betreuung in Pflegeheimen und Kliniken.

Am 5. Juni ist auch ein zweiter bundesweiter «Hitzeaktionstag»
geplant. Der Initiative gehören unter anderem die Bundesärztekammer,
die Arbeiterwohlfahrt, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die
gesetzlichen Krankenversicherungen an. Geplant sind nach Angaben der
Initiatoren Veranstaltungen und Aktionen in mehreren Städten, bei
denen es etwa um Hitzeschutz für Familien und ältere Menschen geht.