Rotes Kreuz: Mehr Sicherheit und mehr Verzweiflung in Afghanistan

Genf (dpa) - In Afghanistan hat sich die Sicherheitslage nach Angaben
der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC)
seit der Machtübernahme der Taliban 2021 deutlich gebessert. Nach
Jahren der Angst vor Anschlägen seien die Menschen dafür dankbar,
sagte der IFRC-Regionaldirektor Alexander Matheou am Freitag nach
einem Besuch in Afghanistan. Er sprach aus Doha via Videolink mit
Reportern in Genf.  «Die Sicherheit ist insgesamt so gut wie seit
Jahrzehnten nicht mehr und oberflächlich betrachtet ist es
friedlich», sagte er. 

Matheou fügte aber hinzu: «Die Zukunft sieht äußerst düster aus.
»
Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Depressionen seien
weitverbreitet. Das betreffe vor allem Frauen, die unter dem streng
islamischen Regime der Taliban praktisch vom öffentlichen Leben
ausgeschlossen sind. Sie dürften Häuser fast kaum verlassen. Witwen
treffe es besonders schwer, weil sie ihre Kinder nicht mehr ernähren
könnten. Die lokale Rothalbmond-Gesellschaft unterstütze sie dabei,
Möglichkeiten zum Geldverdienen zu finden. Es unterstütze auch viele
traumatisierte Menschen mit psychischen Problemen, die mit dem Leben
nicht mehr fertig werden.

Besonders prekär sei die Lage der Rückkehrer aus Pakistan, sagte
Matheou. Das Nachbarland hat im vergangenen Jahr mehr als eine halbe
Million dorthin geflüchtete Afghanen zur Rückkehr in ihr Heimatland
gezwungen. Viele Kinder der Rückkehrer seien unterernährt, die
Familien verzweifelt, weil sie keinerlei Chance auf ein Auskommen in
Afghanistan sehen, sagte Matheou. Er warb dafür, in der humanitären
Hilfe mehr Mittel für Ausbildungen und etwa Unterstützung bei
Geschäftsgründungen zur Verfügung zu stellen, damit Menschen eine
Perspektive bekommen, um auf eigenen Füßen stehen zu können.