Sonne, Mond und Sterne im Mai - Aquariiden gut beobachtbar Von Hans-Ulrich Keller, dpa

Steil über unseren Köpfen thront im Mai der Große Wagen am
Nachthimmel. Auch Sternschnuppen-Fans kommen auf ihre Kosten - und
die Beobachtungsbedingungen sind diesmal besonders gut.

Stuttgart (dpa) - Der Mai bringt den Sternschnuppen-Strom der
Aquariiden - der in diesem Jahr bei guten Wetterbedingen besonders
gut zu sehen ist: Zum Höhepunkt stört kein Mondlicht. Der Strom ist
von Monatsbeginn bis etwa Ende Mai zu erwarten, der Höhepunkt wird am
6. Mai erreicht, wobei bis zu 60 Sternschnuppen pro Stunde
aufleuchten. 

Die beste Beobachtungszeit sind die Stunden ab 3 Uhr morgens. Der
Ausstrahlungspunkt der Aquariiden liegt im Sternbild Wassermann. Es
handelt sich um schnelle Meteore, die mit rund 65 Kilometern pro
Sekunde in die Erdatmosphäre eindringen. Die Aquariiden sind
abgesplitterte Bruchstücke des Halleyschen Kometen. 

Im Mai ist es recht leicht, sich am Sternenhimmel zurechtzufinden: Am
Abend stehen die sieben Sterne des Großen Wagen steil über unseren
Köpfen. Der mittlere Stern in der Wagendeichsel wird Mizar genannt.
Er gilt schon seit alten Zeiten als Augenprüfer. Normalsichtige
Menschen sehen knapp neben Mizar ein lichtschwaches Sternchen, Alkor
oder das Reiterlein genannt. Der arabische Name Mizar bedeutet «das
Pferd», auf dem Alkor reitet. 

Im Fernglas oder kleinen Teleskop sieht man ab etwa 25-facher
Vergrößerung bei Mizar zwei Lichtpunkte - Mizar wurde als erster
Doppelstern 1650 von Giovanni Riccioli entdeckt. Beide Sonnen laufen
in 5000 Jahren in elliptischen Bahnen umeinander. Gegenwärtig sind
sie 50 Milliarden Kilometer voneinander entfernt, dies entspricht der
335-fachen Distanz Erde - Sonne. 

In spektroskopischen Beobachtungen entlarvte man beide Mizar-Sonnen
inzwischen als jeweils eigene Doppelsterne. Mizar entpuppte sich
somit als Vierfachsonne, die 81 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.
Im Fernglas erkennt man zwischen Mizar und Alkor ein feines
Lichtpünktchen, das vom Nürnberger Astronomen Georg Christoph Eimmart
im Jahr 1691 Sidus Ludoviciana - Ludwigsstern - genannt wurde, zu
Ehren von Ludwig V., Landgraf von Hessen-Darmstadt.

Wie ein überdimensionaler Zeigefinger deutet die gebogene Deichsel
des Großen Wagens auf den orangen Arktur, den Bärenhüter, Hauptstern

im Bild des Bootes, dem Rinderhirt. Arktur gehört zu den zehn
hellsten Sternen. Er markiert das eine Eck des Frühlingsdreiecks, zu
dem noch Regulus im Löwen und Spica in der Jungfrau gehören. Das
Frühlingsdreieck besetzt nun den Südhimmel. Südlich der Jungfrau
stößt man auf das Sternentrapez des Raben. Der Rabe ist ein kleines,
aber gut einprägsames Sternbild. Im Nordosten wiederum strahlt die
blau-weiße Wega im Sternbild Leier. Mit Arktur gehört Wega zu den
beiden hellsten Sternen des Nordhimmels. 

Neben Bootes fällt ein kleiner Halbkreis von Sternen auf. Er ist gut
zu erkennen, auch wenn seine Sterne nicht besonders hell sind. Er
markiert das antike Sternbild Nördliche Krone, lateinisch Corona
Borealis. Der Sage nach handelt es sich um die Juwelenkrone der
Ariadne, Tochter des Königs Minos von Kreta, die sie bei ihrer
Hochzeit mit Dionysios trug. 

Der etwas hellere Stern in der Mitte der Krone heißt Gemma, der
Edelstein. Gemma strahlt ein blau-weißes Licht aus und ist hundertmal
leuchtkräftiger als unsere Sonne. Mit 10 000 Grad
Oberflächentemperatur ist Gemma auch deutlich heißer als unsere Sonne
mit 5510 Grad. Sie leuchtet hundertmal heller als unsere Sonne. Das
Licht von Gemma ist 75 Jahre zur Erde unterwegs.

Der abendliche Sternenhimmel zeigt sich in diesem Mai ohne helle
Planeten. Venus eilt am Taghimmel der Sonne nach und wird sie Anfang
Juni überholen. Im August erscheint sie dann am Abendhimmel und
bleibt über das Jahresende Abendstern. Zu Silvester wird sie zu einem
auffälligen Gestirn am frühen Abend.

Mars erscheint im letzten Maidrittel am Morgenhimmel. Ab 20. kann der
Rote Planet in der beginnenden Morgendämmerung am Osthimmel
aufgespürt werden. Auch Saturn im Wassermann ist Planet am
Morgenhimmel.  Der abnehmende Halbmond begegnet dem Ringplaneten am
31. Mai - ein netter Himmelsanblick tief am Südosthimmel gegen 3.30
Uhr morgens.

Jupiter steht am 18. Mai in Konjunktion mit der Sonne und bleibt
nachts unbeobachtbar unter dem Horizont. Auch nach dem flinken Merkur
wird man vergeblich Ausschau halten. 

Zu Monatsbeginn sieht man den abnehmenden Halbmond am Morgenhimmel.
Am 5. kommt der Mond mit 363 163 Kilometer in Erdnähe. Drei Tage
später, am 8. wird um 5.22 Uhr die Neumondposition erreicht. Der
zunehmende Halbmond kann am 15. im Frühlingssternbild Löwe nahe dem
Königsstern Regulus gesehen werden. Zwei Tage später passiert er mit
404 640  Kilometer seinen erdfernsten Bahnpunkt. Am 23. tritt um
15.53 Uhr die Vollmondphase ein, wobei der hell leuchtende Mond im
Sternbild der Waage steht. Ende Mai sieht man dann abermals den
abnehmenden Halbmond am Morgenhimmel.

Die Sonne strebt dem Gipfelpunkt ihrer Jahresbahn entgegen, den sie
im nächsten Monat erreicht. Ihre Mittagshöhen nehmen um sieben Grad
zu. Die Tageslänge wächst in Hamburg um eine Stunde und 35 Minuten,
in München um eine Stunde und 15 Minuten.