Cannabis-Freigabe verläuft zunächst ruhig - doch es bleiben Fragen

Seit Ostermontag dürfen Erwachsene unter Auflagen Cannabis besitzen
und konsumieren. Bisher haben die Länder und Kommunen noch keine
großen Vorkommnisse gemeldet - doch es gibt offene Fragen.

Berlin (dpa) - Im Zusammenhang mit der Freigabe von Cannabis für
Erwachsene seit Ostermontag sind zunächst keine größeren Geschehnisse

bekannt geworden - doch die Kommunen haben noch viele offene Fragen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund beispielsweise fordert
Klarheit, wie die neuen Vorschriften anzuwenden sind. «Die Kommunen
erwarten von den Ländern, dass sie umsetzbare Regeln für den Vollzug
der Regeln vor Ort festlegen», sagte Hauptgeschäftsführer André
Berghegger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Aus kommunaler
Sicht seien es noch eine ganze Reihe offener Fragen. 

Kommunen fordern Anleitung für die Kontrollen

Unklar ist den Städten und Gemeinden demnach, wie sie die Einhaltung
der festgelegten Abstandregeln zu Schulen, Kitas oder Sportstätten
oder die vielen Regeln für die ab dem 1. Juli gestatteten
Anbauvereine kontrollieren sollen. «Dabei ist klar, dass die
kommunalen Ordnungsbehörden nicht überlastet werden dürfen, denn es
fehlt bereits jetzt vielerorts an Personal», sagte Berghegger. Er
forderte zudem Hinweise dazu, wie ein effizienter Jugendschutz
gewährleistet und der Privatanbau von Cannabis kontrolliert werden
sollen. 

«Für das Vertrauen in den Staat ist es wichtig, dass gesetzliche
Regelungen stets so ausgestaltet werden, dass sie kontrollierbar und
nachvollziehbar sind. Hier sehen wir beim aktuellen Cannabis-Gesetz
noch deutliche Defizite», kritisierte er.

Polizei meldet zunächst ruhige Lage

Aus Sicht der Polizei ist das Inkrafttreten der
Cannabis-Legalisierung ruhig verlaufen, Beispiel Thüringen: Am ersten
Tag habe es drei kleinere Kundgebungen von Cannabis-Befürwortern im
Freistaat gegeben, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion am
Dienstag. Dort habe es keine größeren Vorkommnisse gegeben. Ob es
konkrete Verstöße gegen Abstands- oder Mengenauflagen gab, konnte der
Sprecher nicht sagen. «Wir haben aber nichts Herausragendes zu
berichten. Es war ein absolut ruhiger Start.»

Auch der Berliner Polizei zufolge gab es bislang keine besonderen
Vorkommnisse oder Auffälligkeiten in der Stadt in Bezug zur
Cannabis-Legalisierung. «Kontrollmaßnahmen erfolgen verdachtsabhängig

im Rahmen des täglichen Dienstes», sagte eine Sprecherin auf Anfrage
der Deutschen Presse-Agentur zum Vorgehen der Beamten. 

Unauffällig und ruhig - so beschreiben die Polizeipräsidien in Bayern
den Start der Cannabis-Legalisierung. Aus München heißt es, bislang
seien dort keine besonderen Verstöße im Zusammenhang mit dem neuen
Gesetz zu verzeichnen gewesen. Andere bayerische Präsidien konnten
zunächst keine genaueren Angaben zu konkreten Verstößen gegen
Abstands- oder Mengenauflagen machen. Den jeweiligen Pressestellen
seien allerdings keine besonderen oder herausragenden Fälle bekannt.
«Das wird sich erst einmal alles einspielen müssen», sagte ein
Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord.

Angeklagter profitiert von Cannabis-Legalisierung

In Düsseldorf hat die neue Cannabis-Regelung einen Angeklagten vor
dem Gefängnis bewahrt. Der 37-Jährige musste sich am Amtsgericht am
Dienstag wegen illegalen Besitzes von Heroin und Cannabis
verantworten. Nach alter Rechtslage hätte der Mann eine nicht geringe
Menge Drogen besessen, was als Verbrechen gilt. Nach dem neuen Recht,
das seit Montag gilt, so Richterin Britta Brost, liege die Menge
knapp unter dieser Grenze. 

Damit sei der Drogenbesitz nur noch ein Vergehen, was Geld- und
Bewährungsstrafen ermögliche. Über seinen Verteidiger gestand der
37-Jährige die Vorwürfe. Er wurde am Dienstag zu sechs Monaten Haft
auf Bewährung verurteilt und muss als Bewährungsauflage bis Ende Juli
eine Drogenentzugstherapie antreten. 

Er war am 9. Juni 2022 am Düsseldorfer Hauptbahnhof mit knapp fünf
Gramm Heroin und 1,6 Gramm Cannabis erwischt worden. Der 37-Jährige
ist mehrfach vorbestraft. Im Prozess erklärte er, keine Drogen mehr
zu nehmen. Das Urteil ist rechtskräftig, weil beide Seiten auf
Rechtsmittel verzichteten. 

CDU will Freigabe rückgängig machen

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, hält nichts von dem neuen
Gesetz: «Ein Weg wie ihn kein anderes Land in Europa geht, ist mit
Sicherheit ein falscher Weg. Und deswegen müssten wir dieses Gesetz
rückgängig machen», sagte Frei im RTL/ntv Frühstart. Im Falle eines

Wahlsieges der Union bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr wolle
man die Cannabis-Legalisierung wieder aufheben.

Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) hingegen verteidigte die
Legalisierung im Deutschlandfunk. Mittel- und langfristig gesehen
werde die Gesellschaft durch das neue Gesetz zu einem gesünderen und
besseren Umgang mit Cannabis kommen. 

Seit dem 1. April ist der Besitz, private Anbau und Konsum von
Cannabis für Erwachsene in Deutschland erlaubt. Es dürfen aber nicht
mehr als 25 Gramm in der Öffentlichkeit mitgeführt oder mehr als 50
Gramm zu Hause aufbewahrt werden. Drei Pflanzen im Wohnbereich sind
gestattet. Für den Konsum in der Öffentlichkeit gilt: nicht in der
Nähe von Kindern und Jugendlichen, Schulen, Kitas, Spiel- und
Sportplätzen und tagsüber nicht in Fußgängerzonen.