Es wird mehr Holz verheizt - doch das schadet Gesundheit und Umwelt Von Mia Bucher, dpa

Durch den enormen Anstieg der Gaspreise setzen viele Menschen auf das
Heizen mit Holz - das soll Geld sparen. Doch Experten warnen vor
schädlichen Folgen, sowohl für die Gesundheit als auch für Klima und

Umwelt.

Berlin (dpa) - Auf den ersten Blick gibt es für das Heizen mit Holz
gute Gründe. Es gilt als gemütlich, günstiger als Gas und nachhaltig.

Holz wird in Deutschland als klimafreundlicher Brennstoff und
erneuerbare Energie behandelt. Die Begründung: Das Kohlendioxid
(CO2), das beim Verbrennen von Holz in die Atmosphäre gelangt, wird
bei einer nachhaltigen Waldwirtschaft durch nachwachsende Bäume
wieder gebunden.

Mehr als eine Million Haushalte in Deutschland nutzen Scheitholz,
Holzpellets oder Holzhackschnitzel als primäre Energiequelle zum
Heizen des kompletten Wohnraums, wie das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) angibt. Zusätzlich gebe es über
elf Millionen sogenannte Einzelraumfeuerstätten, wie etwa Kaminöfen
(Stand: März 2022).

Bisher spielte Holz damit eine eher untergeordnete Rolle: Im Jahr
2021 kam nach Angaben des Statistischen Bundesamts nur bei 3,6
Prozent der Neubauten Holz als primäre Heizenergiequelle zum Einsatz.
Durch die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die Gaspreise könnte
sich das ändern: Die Nachfrage nach Öfen und Heizungen, die mit Holz
oder Pellets betrieben werden, ist groß.

Das klingt erstmal gut, quasi nach einer Win-Win-Win-Situation für
Mensch, Industrie und Natur. Das sehen jedoch viele Experten anders.
Einige betrachten die Verbrennung von Holz als Gefahr für die
Gesundheit - etwa Achim Dittler vom Karlsruher Institut für
Technologie (KIT). «Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher
als Holz», sagt der Forscher. Bei der Holzverbrennung würden viel
mehr Schadstoffe freigesetzt als bei der Verbrennung von Öl oder Gas,
darunter Kohlenmonoxid, Stickoxide, Methan und Ruß.

Deutschlandweit wird nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) fast die
Hälfte des aktuell genutzten Holzes zur Energieerzeugung verwendet.
Das Heizen mit Gas hingegen verliert nicht erst seit dem Krieg in der
Ukraine an Bedeutung. Laut Statistischem Bundesamt hat sich die Zahl
der genehmigten Wohngebäude, die vorrangig Gas als Energiequelle
nutzen, im ersten Halbjahr 2022 gegenüber dem ersten Halbjahr 2019
mehr als halbiert. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach
Pelletheizungen und -kaminöfen. Nach Angaben des
Deutschen Pelletinstituts, das dem Deutschen Energieholz- und
Pellet-Verband angehört, wurden im ersten Halbjahr 2022 rund 32 000
Pelletheizungen verkauft - zwölf Prozent mehr als im
Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Doch auch die Preise für Brennholz und Holzpellets für Öfen und
Heizungen steigen stark: Sie lagen im August um knapp 86 Prozent über
denen des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Die Verbraucherpreise insgesamt kletterten im selben Zeitraum um 7,9
Prozent. Gründe für die stark überdurchschnittliche Preissteigerung
seien neben der gestiegenen Nachfrage auch die höheren Beschaffungs-
und Transportkosten in der Holzindustrie, erklärten die Statistiker.

Nach Angaben des Pelletinstituts und des Bundesverbands für
Brennholzhandel und Brennholzproduktion ist Heizen mit Holz trotzdem
nach wie vor günstiger als mit Öl oder Gas. Dem Pelletinstitut
zufolge kostete eine Kilowattstunde, die durch die Verbrennung von
Holzpellets erzeugt wird, im Zeitraum Januar bis August
durchschnittlich rund 8,8 Cent - die mit Erdgas rund 14,11 Cent.

Dittler nennt es einen «Kardinalfehler», dass Holzenergie in
Deutschland als klimaneutrale, nachhaltige Energie bezeichnet werde.
Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz teilt mit,
die Emission von Luftschadstoffen bei der Holzfeuerung sei ein
Problem. Daher seien die Regeln zur Luftreinhaltung beim Einbau und
Betrieb von Holzheizungen dieses Jahr noch einmal verschärft worden.

Wolfgang Straff, Leiter des Fachgebiets Umweltmedizin und
gesundheitliche Bewertung am Umweltbundesamt, warnt speziell vor den
Gesundheitsgefahren durch Feinstaub bei der Holzverbrennung.
«Generell und unabhängig von der Quelle führt die Inhalation von
Feinstaub zu relativ hohen Krankheitslasten in der Bevölkerung.» So
seien etwa Fälle von Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
Diabetes auf Feinstaub zurückzuführen. Dem Mediziner zufolge wurden
in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2018 durchschnittlich jährlich
etwa 17 500 Todesfälle durch Feinstaub verursacht.

Sollte das Heizen mit Holz also künftig verboten werden, so wie es
einige Experten fordern? Schließlich ist die Verbrennung von Holz
nicht nur für die Gesundheit riskant - Umweltschützer warnen auch vor
den Folgen für die Wälder. Wenn es nach Pierre Ibisch von der
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde geht, sollte die
Förderung von Holzverbrennung sofort gestoppt werden.

Denn das Verfeuern von Bäumen sei nur unter bestimmen Umständen
klimaneutral. Zum einen, wenn beim Entnehmen keine Treibhausgase aus
dem Waldboden strömten. «Ungefähr die Hälfte des Kohlenstoffs in
Waldökosystemen befindet sich in den Böden», erklärt der Ökologe.

Austrocknung und Erwärmung begünstigten den ungewollten Abbau des
Kohlenstoffs, der dann als CO2 freigesetzt werde. Zweitens gelte die
behauptete Klimaneutralität allenfalls über längere Zeiträume und
unter der Bedingung, dass geerntete Bäume wirklich nachwüchsen.

Selbst dann würden neu gepflanzte Bäume erst mit zeitlicher
Verzögerung zur Kohlenstoffsenke. Die entstandene «Kohlenstoffschuld»

wieder auszugleichen dauere mindestens Jahrzehnte. «Wir bräuchten
aber die sofortige Vermeidung von zusätzlichen Treibhausgasen.»

Ibisch sieht Holzverbrennung als Gefahr für die Wälder, die sich
ohnehin in schlechtem Zustand befänden. Durch die Klimakrise und die
forstliche Nutzung sinke die Produktivität der Bäume. «Während also

die Bäume schlechter wachsen, wollen wir mehr Holz nutzen. Eine
fatale Kombination», mahnt der Waldexperte.

Erst Mitte September stimmte das Europaparlament dafür, die Menge an
Holz, die für die Energieerzeugung genutzt werden darf, künftig zu
verringern und finanzielle Fördermittel vom Staat einzuschränken. Als
erneuerbare Energie soll Holzverbrennung aber weiterhin gelten.