Uniklinik-Chef kritisiert Infektionsschutzgesetz

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Der Ärztliche Direktor des
Universitätsklinikums Frankfurt, Prof. Jürgen Graf, übt Kritik an
einigen Vorgaben des neuen Infektionsschutzgesetzes. Die verschärften
Vorschriften für das Klinikpersonal seien «der
infektionsepidemiologischen Lage nicht angemessen», sagte Graf, der
auch den Planungsstab stationäre Versorgung beim hessischen
Gesundheitsministerium leitet.

Aktuell gebe es hessenweit rund 550 Patienten auf Normalstationen und
70 auf Intensivstationen. Bei den meisten sei eine Corona-Infektion
ein Nebenbefund, die Patienten seien wegen anderer Diagnosen auf die
Intensivstationen gekommen. Auch für den Fall, dass die Zahlen im
Herbst oder Winter wieder steigen, sieht Graf die Kliniken
organisatorisch vorbereitet: «Wir sind gut gerüstet.»

Zwei Punkte des Infektionsschutzgesetzes kritisiert Graf besonders:
das anlasslose Testen und die FFP2-Maskenpflicht. Das Gesetz schreibt
vor, dass alle Mitarbeiter dreimal die Woche getestet werden müssen.
«Ich sehe nicht, dass das der Lage angemessen ist oder die Patienten-
oder Mitarbeitersicherheit erhöht», sagte Graf. Grundsätzlich mit
FFP2-Maske zu arbeiten, sei für die Mitarbeiter «eine zusätzliche
Beschwernis». Beide Maßnahmen könnten zu Personalausfällen führen
und
damit auch die Kapazitäten einschränken.

Corona habe derzeit eine geringere Sterblichkeit als in den letzten
zwei Jahren und verlaufe in der Regel nicht besonders schwer, sagte
Graf. Die meisten Menschen seien geimpft oder hätten die Krankheit
bereits durchgemacht. Dass im Alltag die Regeln immer lockerer
würden, am Arbeitsplatz aber immer strenger, sei den
Klinikmitarbeitern schwer zu vermitteln.

Die allermeisten Beschäftigten im Gesundheitswesen, die sich mit
Corona infiziert hätten, hätten sich außerhalb des Arbeitsplatzes
angesteckt. «Die abgestuften Hygienepläne in den Kliniken haben sich
bewährt», sagte Graf.