Nützt die professionelle Zahnreinigung oder nicht? Von Christian Thiele, dpa

In vielen Zahnarztpraxen wird sie intensiv beworben: eine
professionelle Zahnreinigung alle paar Monate, zu zahlen oft aus
eigener Tasche. Die Zähne mögen danach heller und sauberer wirken -
doch hat die Maßnahme tatsächlich einen Nutzen für die
Zahngesundheit?

Berlin (dpa) - Meist kostet sie dutzende bis über 100 Euro, oft
schickt die Praxis alle sechs Monate eine neue Einladung dafür: Die
«professionelle Zahnreinigung» ist zum weit verbreiteten Standard für

Erwachsene und häufig sogar schon für Kinder geworden. Doch wie groß

ist der medizinische Nutzen für gesunde Zähne? Experten sehen große
Einschränkungen.

«Eindeutige wissenschaftliche Belege zum medizinischen Nutzen der
sogenannten professionellen Zahnreinigung gibt es bisher nicht», sagt
Markus Hüttmann von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland
zum Tag der Zahngesundheit am 25. September. Wie sinnvoll eine solche
Behandlung für die Zahngesundheit ist, sei bislang kaum in
aussagekräftigen Studien untersucht.

Hüttmann verweist auf den sogenannten IGeL-Monitor, der über Sinn und
Nutzen von ärztlichen Leistungen aufklärt. «Was bringt es, sich die
Zähne und Zahnzwischenräume säubern, von Belägen befreien, polieren

und fluoridieren zu lassen?», wird in dem Bericht von 2012 gefragt.
Die Antwort: «unklar». Hüttmann schränkt aber ein: «Die dortige
Untersuchung bezieht sich nur auf Erwachsene mit gesunden Zähnen und
nicht auf Menschen mit Parodontal-Erkrankungen.» Hinter dem
IGeL-Monitor steht der Medizinische Dienst der Krankenkassen.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, will die
Einstufung so nicht stehen lassen. Das sei stark verkürzt, sagt er.
Der medizinische Nutzen sei sehr wohl belegt, es fehle nur an
randomisierten kontrollierten Studien (RCT). Diese gelten als
Goldstandard zur Nutzenbewertung von Behandlungen. Probanden werden
dabei vor der Behandlung zufällig einer Therapie- oder Placebo-Gruppe
zugeordnet.

Stefan Wolfart, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und
Biomaterialien an der Uniklinik RWTH Aachen, verweist auf Hilfe für
Patienten mit erkranktem Zahnfleisch. Für sie könne die
professionelle Zahnreinigung mehrmals im Jahr sinnvoll sein - je
nachdem, wie geschädigt die Zähne und wie stark Kariesbakterien aktiv
seien.

«Sofern ein Patient in der Lage ist, seine Zähne perfekt zu pflegen,
ist natürlich auch keine professionelle Zahnreinigung notwendig»,
sagt Wolfart. Wenn Kinder und Erwachsene ihre Zahngesundheit erhalten
wollten, sollten sie besser regelmäßig ihre Zähne mit fluoridhaltiger

Zahnpasta putzen, sagt Hüttmann.

Ähnlich sieht das Julian Schmoeckel, Oberarzt der Kinderzahnheilkunde
der Universitätsmedizin Greifswald: In der Kinderzahnheilkunde seien
professionelle Zahnreinigungen selten wirklich notwendig. Wichtiger
sei die Individualprophylaxe beim Zahnarzt, «die ja einmal pro
Halbjahr auch von den GKV (Gesetzliche Krankenversicherung)
übernommen wird, bei der das Zähneputzen kontrolliert und trainiert
wird».

Viele Krankenkassen übernehmen höchstens einen Teil der Kosten für
professionelle Zahnreinigungen. Warum sind diese trotz der recht
hohen Kosten bei oft fragwürdigem Nutzen so beliebt? Die Unabhängige
Patientenberatung hält das Streben nach Schönheitsidealen als eine
Motivation für denkbar. So mancher verlässt die Praxis wohl mit dem
guten Gefühl, viel für optisch schöne Zähne getan zu haben.

Für Klinikdirektor Wolfart gehört zu einer guten Reinigung allerdings
auch eine Anleitung des Patienten, seine Mundhygiene zu Hause
kontinuierlich zu verbessern. So könne der Zahnbelag angefärbt und
der Patient auf die sensiblen Stellen im Mund hingewiesen werden.
Denn letztlich, so betonen die Experten, entscheidet vor allem die
tägliche Pflege über die Gesundheit der Zähne.