US-Amerikaner und zwei Russen fliegen gemeinsam zur ISS Von Ulf Mauder und Christina Horsten, dpa

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vor über sechs Monaten
stand auch die Zusammenarbeit im Weltraum auf der Kippe. In Zeiten
schwerster Spannungen fliegen nun erstmals wieder zwei Russen und ein
Amerikaner zusammen zur Internationalen Raumstation ISS.

Moskau (dpa) - Der US-Amerikaner Frank Rubio und die beiden
russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew und Dmitri Petelin fliegen in
Zeiten großer politischer Spannungen an diesem Mittwoch gemeinsam ins
All. An Bord einer Sojus-Rakete sollen sie um 15.54 Uhr MESZ vom
russischen Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe der Republik
Kasachstan in Zentralasien abheben, wie die russische
Raumfahrtbehörde Roskosmos mitteilte. Es ist der erste gemeinsame
Flug seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am
24. Februar.

An Bord hat die Crew auch 120 Kilogramm Nachschubmaterial für die
ISS, darunter Hygiene- und medizinische Artikel, wissenschaftliche
Apparate und persönliche Gegenstände der Kosmonauten. Der 46-jährige

Rubio sagte in Baikonur, er freue sich auf den Blick von dort oben
auf die Erde. Gespannt sei er auf die «Dunkelheit und darauf, wie die
Sterne von dort aus aussehen».

Rubio hatte schon vorab gesagt, dass die Raumfahrt eine Möglichkeit
sei, auch in Zeiten politischer Spannungen gemeinsam etwas zu
leisten. Die Crew sprach vorab nicht über den Krieg, sondern vor
allem über Persönliches und den Alltag von Raumfahrern. Alle machten
dabei deutlich, dass sie in dem halben Jahr auf der ISS vor allem
ihre Familien vermissen würden.

Das Schwerste werde für ihn persönlich die lange Trennung von seiner
Frau und seinen vier Kindern sein, sagte der in Los Angeles geborene
Astronaut Rubio, der seit 2017 bei der Nasa ist und nun zum ersten
Mal ins All fliegt. Ein paar Familienfotos werde er mit zur ISS
nehmen. «Es ist eine Ehre für mich, in die Fußstapfen früherer
Raumfahrer zu treten», sagte er vor dem Start.

Die russische Invasion belastet die ohnehin schwierigen Beziehungen
zwischen Moskau und Washington zusätzlich. Russland beklagt, dass die
von den USA und der EU erlassenen Sanktionen im Zuge des Kriegs die
Arbeit in der Raumfahrt erschweren, darunter die Produktion der auch
militärisch nutzbaren Raketen. Zeitweilig stand die Zusammenarbeit
auch ganz auf der Kippe.

Die beiden Kosmonauten Prokopjew und Petelin reisen mit Rubio nun in
einer Sojus-Raumkapsel vom Typ MS-22 in einem drei Stunden langen
Flug zum Außenposten der Menschheit. Im Oktober soll die russische
Kosmonautin Anna Kikina an Bord einer «Crew Dragon»-Kapsel von Elon
Musks Firma SpaceX von den USA aus zur ISS fliegen. Die Flüge soll
Hoffnung geben, dass die Zusammenarbeit auf der ISS noch über Jahre
fortgesetzt wird. Russland hatte zuletzt einen Ausstieg aus dem
Projekt nach 2024 angekündigt, aber kein Datum genannt.

Zur 68. ISS-Mission sagte Kosmonaut Prokopjew vor dem Start: «Das
Programm ist ziemlich voll - neben dem schnellen Andocken sind fünf
Ausstiege ins Weltall geplant.» Zudem seien 48 Experimente
vorgesehen, darunter die Arbeit mit einem 3D-Drucker in der
Schwerelosigkeit. Geplant ist demnach das Ausdrucken von
verschiedenen Figuren aus unterschiedlichen Materialien. Womöglich
könnte das in Zukunft zu einer neuen Generation an 3D-Druckern
führen.

Während es für Prokopjew der zweite Flug ins Weltall ist, fliegen
Petelin und Rubio zum ersten Mal. Prokopjew sagte: «Wir spielen alle
Fußball. Wir werden im All sicher einen Ball finden.» Er habe selbst
schon Tennis und Badminton in der Schwerelosigkeit gespielt.
Ansonsten sei der Tagesablauf wie auf der Erde auch: Tagsüber
arbeiten, Nachtruhe sei von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr. «Ich schlafe
besser als auf der Erde», sagte der 47-Jährige.

Allein sein werden die drei Raumfahrer nicht auf der ISS in rund 400
Kilometern Höhe über der Erde. An Bord sind bereits der Kommandant
der 67. Expedition, Oleg Artemjew, die Kosmonauten Denis Matwejew und
Sergej Korssakow sowie die Nasa-Astronauten Bob Hines, Kjell
Lindgren, Jessica Watkins und die Italienerin Samantha Cristoforetti
von der europäischen Raumfahrtbehörde Esa.