Expertengruppe fordert Strategiewechsel im Pandemie-Management

Berlin (dpa) - Vor der Bundesrats-Abstimmung über die Corona-Regeln
für den Herbst hat eine Expertengruppe, zu der unter anderen der
Virologe Klaus Stöhr gehört, einen Strategiewechsel gefordert.
Natürliche Infektionen und Impfungen hätten zu einer «breiten
Immunität» in der Bevölkerung geführt, heißt es in dem Papier, da
s
die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene am Donnerstag
veröffentlichte. Die Politik müsse einen «klaren Strategiewechsel mit

Fokussierung auf den Schutz vulnerabler Gruppen einleiten und dabei
gleichzeitig die Funktionsfähigkeit der Kritischen Infrastruktur und
des Gesundheitswesens sicherstellen». Zuerst hatte die «Welt» über

die Stellungnahme berichtet.

Als Autoren werden etwa auch der Vorsitzende der Deutschen
Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Tobias Tenenbaum,
und der Medizinstatistiker Gerd Antes genannt. Konkret fordert die
Gruppe unter anderem, die Impfpflicht für Bedienstete im
Gesundheitswesen aufzuheben, da diese keinen Schutz vor Infektiosität
biete. Die Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastruktur und des
Gesundheitswesens solle «durch Wegfall nicht verhältnismäßiger und

nicht begründbarer d. h. nicht mehr zeitgemäßer
Isolierungsanordnungen gesunder Infizierter» sichergestellt werden.
Anlasslose Routinetestungen und eine Maskenpflicht in Schulen seien
«ohne Indikation abzulehnen».

Der Wechsel hin zu einer «Folgenminderungs-Strategie» sei weiterhin
überfällig. Andere Länder praktizierten dies bereits erfolgreich. «
In
Deutschland hingegen dominieren in den zentralen Stellungnahmen immer
noch die Konzepte und Einschätzungen der ersten Phase des
Containments» mit dem Ziel der Vermeidung jeder Infektion. «Zwar ist
vielerorts in der Praxis bereits ein Strategiewechsel erfolgt. Dieser
aber wird weder transparent begründet noch offen kommuniziert.»

Die Autoren kritisieren: «Die aktuelle ministerielle Kommunikation
zum Pandemiemanagement ist nicht nur erratisch, sprunghaft und Angst
erzeugend, sondern überbetont noch nicht ausreichend erforschte
Konsequenzen einer COVID 19 Infektion wie Demenz, Hirnschäden und
Long Covid als Langzeitschäden.»

Der Bundesrat stimmt am Freitag über die vom Bundestag bereits
beschlossenen neuen Corona-Regeln für den Herbst und Winter ab. Zu
den zentralen Bestimmungen, die vom 1. Oktober bis 7. April 2023
gelten sollen, zählen Maskenpflichten in Fernzügen, Kliniken und
Arztpraxen. Die Länder können auch in Restaurants und anderen
Innenräumen wieder das Tragen von Masken vorgeben. In Flugzeugen soll
diese Pflicht entfallen. Lockdowns, Betriebs- oder Schulschließungen
soll es nicht mehr geben.