Genitalverstümmlung: 1300 Frauen und Mädchen in Thüringen betroffen

Erfurt (dpa/th) - Der Leipziger Verein «Saida International» schätzt

die Zahl der Frauen und Mädchen in Thüringen, die von
Genitalverstümmlung betroffen oder gefährdet sind, auf rund 1300.
«Die Gesellschaft muss wissen, dass diese Gewaltform in Deutschland,
in Thüringen, relevant ist, damit Hilfen bereitgestellt werden
können», sagte Geschäftsführerin Simone Schwarz am Mittwoch in
Erfurt.

Im Rahmen eines Fachtages wurde medizinisches und pädagogisches
Personal über die Praxis der Genitalverstümmlung und Angebote zur
Unterstützung von Mädchen und Frauen informiert. Deutschlandweit geht
Saida - basierend auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes - von fast
32 000 gefährdeten Mädchen und über 70 000 betroffenen Frauen aus.

«Betroffene Frauen leben oft unbemerkt unter uns. Sie fragen nur
selten nach Hilfe für sich und ihre Töchter», sagte Schwarz. Nur
informiertes Fachpersonal könne Probleme erkennen und Hilfe anbieten.
Aktuell herrsche aber oft noch Unsicherheit und Unwissen vor.

Die Beratungsstelle hat in diesem Jahr nach eigenen Angaben rund 200
Frauen betreut. «Je mehr Menschen über die Hintergründe dieser
tradierten Gewalt informiert sind, desto eher können wir Mädchen in
Deutschland wirksam schützen und den betroffenen Frauen Unterstützung
bieten», sagte Schwarz.

Weibliche Genitalverstümmlung ist eine vor allem in Afrika und auf
der Arabischen Halbinsel, aber auch in Indonesien in Südostasien
verbreitete Praxis. Dabei werden die äußeren Genitalien teilweise
oder ganz entfernt - bei der schwersten Form wird der Scheideneingang
beinahe komplett zugenäht. Für die Betroffenen hat die massive und
lebensbedrohliche Gewalt gravierende und oftmals lebenslange -
körperliche wie auch psychologische - Folgen.

Hierzulande gilt die Praxis seit 2013 als Verbrechen, das mit bis zu
15 Jahren Haft geahndet wird. Die Mädchen und Frauen selbst sind
jedoch Opfer, die Hilfe bekommen können und keine Strafe zu fürchten
haben. Unterstützung erhalten Betroffene etwa über das bundesweite
Hilfetelefon «Gewalt gegen Frauen» unter der kostenlosen
Telefonnummer 08000 116 016.