Zukunftspreis-Anwärter: E-Mobilität, Krebstherapie und Zellforschung Von Sabine Dobel, dpa

Eine neue Bestrahlungstechnik für Krebspatienten, neue Möglichkeiten
in der Mikroskopie und eine Turbo-Ladestation für E-Autos: Diese
Projekte sind in diesem Jahr im Rennen um den renommierten Deutschen
Zukunftspreis des Bundespräsidenten.

München (dpa) - Alle Zeichen stehen auf Elektromobilität. Doch viele
zögern - und fragen sich: Wie soll das mit dem Laden gehen, wenn man
es eilig hat? Ein Forscherteam aus Baden-Württemberg hat hierfür eine
mögliche Lösung gefunden.

Mit dem System lasse sich eine gängige Fahrzeugbatterie mit 100
Kilowattstunden Kapazität binnen 15 Minuten zu 80 Prozent mit Energie
füllen, berichteten die Forscher der Firma ads-tec Energy und des
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme am Mittwoch im
Deutschen Museum in München. Sie sind mit ihrem Projekt für den
Deutschen Zukunftspreis nominiert, den Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier am 26. Oktober in Berlin verleiht.

Im Rennen sind dieses Jahr auch eine verbesserte Bestrahlungsmethode
für Krebspatienten und eine neue Mikroskoptechnik. Alle Projekte sind
im Einsatz: Die Marktreife ist Voraussetzung für die Preisvergabe.

Die Baden-Württemberger Entwickler haben in ihrem Ladesystem für
E-Autos ein Bündel innovativer Techniken zusammengefasst. Ihre
ChargeBox umfasst einen integrierten Batteriespeicher, der 140
Kilowattstunden Energie aufnehmen kann, einen leistungsstarken
Stromwandler sowie eine daran angepasste Kühleinheit.

An dem rund anderthalb Quadratmeter großen System lassen sich zwei
Elektroautos gleichzeitig laden. Dabei ist eine im Vergleich zu
herkömmlichen Stationen hohe Ladeleistung von je 160 Kilowatt
möglich. Wird nur eine Ladesäule genutzt, sind es bis 320 Kilowatt.
Die Firma ads-tec Energy hat die ChargeBox 2020 in die
Serienproduktion überführt, gut 1000 Einheiten wurden ausgeliefert.

Eine verbesserte Bestrahlungsmethode, die speziell bei
Lungenkrebspatienten die Heilungschancen erhöhen soll, haben die
Brainlab AG in München und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
entwickelt. Gerade bei Lungenkrebs ist die Bestrahlung kompliziert,
da sich der Tumor beim Atmen ständig bewegt. Die neue Technologie
ermögliche, die Patientenposition während der Strahlenbehandlung
exakt zu erfassen und Veränderungen durch ein Nachführen der
Bestrahlung auf den betroffenen Bereich exakt auszugleichen,
erläuterte das Forscherteam. Dadurch werde treffsicherer als bisher
das Krebsgewebe attackiert, weniger gesundes Gewebe nehme Schaden.

Das System kombiniert zwei Röntgensysteme, einen Steuercomputer samt
Spezialsoftware und eine Trackingkamera. Die Bewegungen des Patienten
bei der Behandlung werden dabei mit einer Oberflächenkamera
kombiniert mit einem Wärmesensor erfasst. Um die Technik verwenden zu
können, müssen Kliniken ihre Bestrahlungsanlagen nicht ersetzen. Sie
lasse sich mit vorhandenen Systemen kombinieren, hieß es.

Mehr Möglichkeiten in der Zellforschung - auch hier kann es um Krebs
gehen - bietet die neue Mikroskop-Technik der Firma Carl Zeiss
Microscopy in Jena. Bei der bisherigen Fluoreszenzmikroskopie wird
eine mit Biomarker präparierte Probe - Zellen oder Mikroorganismen -
mit Laserlicht bestrahlt. Das Licht regt die Biomarker-Moleküle zum
Leuchten an, sichtbar werden biologische Vorgänge. Die Methode
brachte detailreiche Informationen über Zellen oder Organismen - die
sie aber durch das Laserlicht zugleich beeinflusste oder schädigte.

Die neue Technik soll empfindliche lebende Proben davor schützen.
Bei der sogenannten Gitter-Lichtblatt-Mikroskopie wird unter anderem
nur ein Teil der Probe beleuchtet, die so weniger Schaden nimmt. Dazu
trägt auch eine andere Stellung der Mikroskop-Objektive zueinander
bei. Um die Proben auf üblichen Glasträgern oder Petrischalen
betrachten zu können, kreierten die Wissenschaftler zudem ein System,
das Bildfehler aufgrund einer Verzerrung durch das Glas korrigiert.

Das System eröffne neue Perspektiven für eine langdauernde
Beobachtung lebender Zellen - und damit für die Forschung in
Biologie, Medizin und Pharmakologie, erläuterten die Forscher. Es
gehe etwa um die Beobachtung von Krebszellen, aber auch den
Malaria-Erreger - und daraus möglicherweise neue Ansätze zur Heilung.

2021 ging der Deutsche Zukunftspreis an die Biontech-Gründer Özlem
Türeci und Ugur Sahin für ihre Forschung an der mRNA-Technik und die
Entwicklung des Corona-Impfstoffs. Der Preis ist mit 250 000 Euro
dotiert und gehört zu den bedeutendsten Wissenschaftspreisen in
Deutschland. Schon die Nominierung gilt als hohe Auszeichnung.