EU-Agentur: Äußere Faktoren für viele Krebsfälle verantwortlich

Welchen Einfluss haben Schadstoffe in der Umgebung darauf, wie häufig
Menschen an Krebs erkranken? Die EU-Umweltagentur richtet einen
genauen Blick auf die Zusammenhänge. Mit einer klaren Botschaft.

Kopenhagen (dpa) - Rund jede zehnte Krebserkrankung in Europa lässt
sich nach Ansicht von EU-Experten auf äußere Faktoren wie Schadstoffe
zurückführen. Luftverschmutzung, krebserregende Chemikalien, UV-Licht
oder auch Passivrauchen sind zusammen für schätzungsweise 10 Prozent

aller Krebserkrankungen verantwortlich, vermutlich gar für deutlich
mehr, wie die EU-Umweltagentur EEA in einem am Dienstag
veröffentlichten Bericht schreibt. Rauchen, Alkoholkonsum oder auch
die eigene Ernährung werden in diese Analyse nicht mit reingezählt.

Die gute Nachricht sei, dass die umwelt- und berufsbedingten
Krebsrisiken verringert werden könnten, indem die Verschmutzung der
Umwelt bekämpft werde und Verhaltensweisen geändert würden, erklärt
e
die in Kopenhagen ansässige Behörde. Es handle sich um eine wirksame
und kostengünstige Möglichkeit, um die Zahl der Krebserkrankungen und

-todesfälle zu verringern. Die EEA kommt zu dem Schluss: «Umwelt- und

berufsbedingte Krebsrisiken sind grundsätzlich vermeidbar, und ihre
Verringerung ist der Schlüssel zur Verringerung der Krebslast in
Europa.»

Die Reduzierung der Schadstoffbelastung durch den EU-Aktionsplan
«Zero Pollution», die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sowie
die konsequente Umsetzung von bestehenden EU-Maßnahmen würden einen
großen Beitrag zur Reduzierung der Krebszahlen leisten, erklärte der
EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. «Das wäre eine wirksame
Investition in das Wohlergehen unserer Bürger.» Der
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius betonte: «Was besser für
die Umwelt ist, ist auch besser für uns.»

Die EEA hat bei der Studie erstmals untersucht, wie Krebs und die
Umwelt miteinander zusammenhängen. Dabei überprüfte die EU-Behörde

unter anderem die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur
Luftverschmutzung, zu Radon, Asbest, UV-Strahlung und weiteren
menschengemachten wie natürlichen Umgebungsfaktoren, die sich negativ
auf die Gesundheit der Menschen auswirken können. Die Erkenntnisse
der EEA zeigten eindeutig, wie eng die Gesundheit des Planeten mit
der Gesundheit der Bürger verbunden sei, erklärte
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. «Wir müssen mit der
Natur zusammenarbeiten, nicht gegen sie.»

Die Umweltagentur wies darauf hin, dass die Daten unvollständig und
die damit verbundenen Unsicherheiten groß seien. «Es gibt eine Menge,
was wir nicht wissen. Aber was wir wissen, ruft nach viel mehr
Handeln», sagte der EEA-Experte Gerardo Sanchez. Die einzelnen Bürger
könnten nicht viel tun, um zu verhindern, Schadstoffen ausgesetzt zu
sein. Vielmehr brauche es mehr politische Maßnahmen, Regularien und
einen Schub zur Umsetzung. Lösungsvorschläge gebe es genug.

Mit fast 2,7 Millionen Neudiagnosen und 1,3 Millionen Todesfällen pro
Jahr ist die EU stärker vom Krebs betroffen als andere Weltregionen.
Obwohl weniger als 10 Prozent der Erdbevölkerung in Europa leben,
gibt es hier nach EEA-Angaben fast 23 Prozent der Neuerkrankungen und
20 Prozent der Todesfälle weltweit. Häufigere Todesursache sind nur
Kreislauferkrankungen. Diese hohe Krebsverbreitung lässt sich der EEA
zufolge durch mehrere Faktoren erklären, darunter unter anderem der
Lebensstil einschließlich Rauchen, Alkoholkonsum und Ernährung, aber
auch mit der Alterung - und eben auch damit, dass die Menschen
dauerhaft Schadstoffen ausgesetzt sind.

«Das Leben von fast allen Europäern ist zwangsläufig in irgendeiner
Weise von Krebs betroffen, ob sie selbst oder ihre Familie, Freunde
oder ihre Gemeinschaft», schreibt die EEA. Hinzu kommen erhebliche
wirtschaftliche Kosten: Einer Studie zufolge lagen sie 2018 bei
schätzungsweise 178 Milliarden Euro, wie die Agentur anführte.