Sozialverbände wegen steigender Corona-Fallzahlen in Sorge

Insbesondere Ältere und Menschen mit Behinderung haben ein erhöhtes
Risiko für einen schweren Corona-Verlauf. Angesichts der wieder
deutlich steigenden Fallzahlen im Land sind Sozialverbände
beunruhigt.

Stuttgart (dpa/lsw) - Sozialverbände haben angesichts der steigenden
Corona-Fallzahlen Sorge um die vom Virus besonders gefährdeten
Menschen im Südwesten. So befürchtet der Sozialverband VdK in
Baden-Württemberg, dass es wieder zu massiven Einschränkungen des
öffentlichen Lebens kommen werde, wie eine Sprecherin mitteilte. Es
drohe für pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und
insbesondere die pflegenden Angehörigen eine unsagbare Mehrbelastung,
wenn soziale Kontakte und Entlastungsangebote wegen
Corona-Einschränkungen wieder wegfielen.

Die besonders gefährdeten Gruppen verhielten sich nach wie vor sehr
vorsichtig, sie profitierten aber nicht im gleichen Maße von den
Lockerungen im täglichen Leben, erklärte die VdK-Sprecherin.

Die Geschäftsführerin des Landesverbands für Menschen mit Körper- u
nd
Mehrfachbehinderung, Jutta Pagel-Steidl, teilte mit, Menschen mit
Behinderung trügen in Innenräumen wie etwa beim Einkaufen weiterhin
freiwillig Maske - und würden dafür teils schräg angeschaut. Das tue

weh. Die Solidarität mit den schwächeren Gliedern der Gesellschaft
sei deutlich ausbaufähig.

Aufgrund der wieder stärkeren Verbreitung des Coronavirus steigt auch
für Menschen mit Behinderung, Vorerkrankungen sowie Ältere das Risiko
einer Infektion und eines möglicherweise schweren Verlaufs. Das
Corona-Infektionsgeschehen im Land nimmt derzeit wieder deutlich zu.
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche betrug
zuletzt mehr als 330. Ende Mai hatte die Sieben-Tage-Inzidenz noch
bei rund 170 gelegen.

Das Gesundheitsministerium in Stuttgart führt den Anstieg zum einen
auf die Omikron-Subtypen BA.5 und BA.4 zurück. Ihr Anteil an den
Neuinfektionen hatte sich zuletzt immer weiter erhöht und betrug in
der Woche bis zum 12. Juni bereits 21,2 Prozent. Die Daten geben aber
kein vollständiges Bild, da nur ein Teil der Infektionsfälle jede
Woche auf die Virus-Variante untersucht wird. Der Zuwachs bei den
beiden Omikron-Varianten geht laut Experten darauf zurück, dass sie
den Immunschutz durch eine vorherige Infektion oder Impfung besser
umgehen können als andere Subtypen.

Experten des Landesgesundheitsamts sehen keinen Hinweis darauf, dass
eine Infektion mit den beiden Omikron-Varianten schwerer verläuft.
Das Ministerium rät den besonders gefährdeten Gruppen laut eines
Sprechers jedoch unbedingt, die zweite Corona-Auffrischungsimpfung in
Anspruch zu nehmen. Den sogenannten zweiten Booster haben in
Baden-Württemberg nach Angaben des Robert Koch-Instituts bislang 4,3
Prozent der Menschen erhalten. Bei den über 60-Jährigen betrug der
Anteil zuletzt 13,2 Prozent. Die Ständige Impfkommission empfiehlt
den zweiten Booster derzeit für Menschen ab 70 und Menschen mit
bestimmten Vorerkrankungen.

Als weitere Gründe für den Anstieg der Fallzahlen sieht das
Gesundheitsministerium die Zunahme der Mobilität im Land und eine
steigende Anzahl an sozialen Kontakten. Der Sprecher des Ministeriums
betonte deshalb erneut, eine Impfung schütze vor einem schweren
Verlauf der Krankheit. Auch im Sommer solle man zudem etwa bei
Krankheitszeichen zu Hause bleiben und in Innenräumen Maske tragen.