Senat gegen Lockerungen der Corona-Regeln - Inzidenz bei 1617,6

Hamburgs rot-grüner Senat sieht wegen weiter massiv steigender
Infektionszahlen keine Chancen für eine Lockerung der Corona-Regeln
bei der nächsten Ministerpräsidentenrunde. Leise Hoffnung auf ein
Ende der Pandemie macht derweil der Virologe Schmidt-Chanasit.

Hamburg (dpa/lno) - Angesichts massiv steigender Infektionszahlen
sieht Hamburg bei der nächsten Bund-Länder-Runde kommende Woche keine
Chancen für eine Lockerung der Corona-Regeln. «Eine Lockerung der
Regelungen ist derzeit nicht geboten», sagte Vizesenatssprecherin
Julia Offen am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Bürgermeister
Peter Tschentscher (SPD) erwarte bei dem Treffen der Regierungschefs
mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag vielmehr «eine Bestätigung
der aktuellen Strategie und der in Hamburg bereits ergriffenen
Maßnahmen wie beispielsweise die FFP2-Maskenpflicht im Öffentlichen
Nahverkehr und das flächendeckende 2G-plus-Zugangsmodell».

Zudem müssen die Test- und Quarantänestrategie angepasst werden. Die
Omikron-Variante führe zu einer extrem hohen Zahl an Neuinfektionen,
sagte Offen. «Die Auswirkungen für das Gesundheitswesen sind in
einigen Ländern noch nicht absehbar. Dies erfordert eine angepasste
Test- und Quarantänestrategie, um die Kapazitäten von Laboren und
Gesundheitsämtern gezielt einzusetzen.» Im Gespräch ist eine
Priorisierung bei der Auswertung von PCR-Tests. Entscheidend sei die
Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur «und die weitere
Erhöhung der Impfquote, um das Risiko schwerer Erkrankungen zu
verringern».

Leise Hoffnung macht derweil der Hamburger Virologe Jonas
Schmidt-Chanasit. Für eine sichere Beurteilung sei der Verlauf der
derzeitigen Welle in den nächsten ein bis zwei Wochen entscheidend,
sagte der Mediziner vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin der
«Hamburger Morgenpost». «Momentan gehe ich davon aus, dass wir in den

nächsten ein bis zwei Monaten aber damit durch sind.» Seiner Meinung
nach muss dann diskutiert werden, ob aus der Pandemie eine Endemie
geworden ist. Schmidt-Chanasit geht davon aus, dass es nach Omikron
keine weitere Virus-Variante geben wird, die schlimmere Auswirkungen
als die bisherigen haben könnte. «Das ist sehr unwahrscheinlich.»

Aktuell klettern die registrierten Corona-Fälle in Hamburg und die
Sieben-Tage-Inzidenz weiter von Höchststand zu Höchststand. Die
Gesundheitsbehörde gab die Zahl der gemeldeten Infektionen pro 100
000 Einwohner und Woche am Freitag mit 1617,6 an. Am Donnerstag lag
er bei 1476,3, vor einer Woche noch bei 897,8. An neuen Corona-Fällen
meldete die Behörde am Freitag 6532 - 118 mehr als am Donnerstag und
2691 mehr als am Freitag vor einer Woche. Die Zahl der seit Beginn
der Pandemie an oder im Zusammenhang mit Corona gestorbenen Menschen
stieg nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) um 2 auf 2059.

Bei der Sieben-Tage-Inzidenz liegt Hamburg weiter deutlich über dem
Bundesdurchschnitt. Auf Basis einer anderen Berechnungsmethode gab
das RKI am Freitag für Hamburg eine Sieben-Tage-Inzidenz von 1221,9
an. Die Hansestadt liegt damit nur noch knapp hinter den bisherigen
Spitzenreitern Bremen und Berlin. Für ganz Deutschland gab das RKI
einen Wert von 706,3 an. Bundesweit kamen 140 160 neue Fälle hinzu -
so viele wie noch nie an einem Tag.

Insgesamt haben sich seit Februar 2020 laut Gesundheitsbehörde
mindestens 199 955 Menschen infiziert. Davon gelten 138 500 nach
RKI-Schätzung als genesen. Auf den Intensivstationen der Hamburger
Krankenhäuser wurden Freitag (Stand 15.15 Uhr) laut dem Register der
Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin (Divi) 71 Covid-19-Patienten behandelt, elf mehr als
am Vortag. 37 von ihnen mussten invasiv beatmet werden, einer weniger
als am Donnerstag. Die Gesundheitsbehörde gab die Gesamtzahl der
Covid-19-Patienten in 25 Hamburger Kliniken mit Stand Donnerstag mit
450 an - drei weniger als am Vortag.

Die Behörde ermutigte einmal mehr die Menschen, sich impfen zu
lassen. Termine gebe es genug - sowohl am Wochenende als auch unter
der Woche. «Wer eine Auffrischungsimpfung erhalten möchte, kann dafür

heute einen Termin buchen und morgen schon geimpft sein - oder aber
täglich spontan bei einer der geöffneten Impfstellen vorbeikommen»,
sagte Behördensprecher Martin Helfrich der dpa. Insgesamt stünden bis
Monatsende noch mehr als 12 000 Impf-Termine zur Verfügung. Geimpft
werde mit mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna. «Wer bisher
zurückhaltend war oder gezögert hat, um nicht in der Warteschlange
stehen zu müssen, hat jetzt eine gute Chance.»

Laut RKI sind bislang 80,6 Prozent der Hamburger mindestens einmal
geimpft. Den vollständigen Grundschutz mit der meist nötigen zweiten
Spritze haben demnach 78,6 Prozent. Eine Auffrischungsimpfung
erhielten bisher 47,0 Prozent der Hansestädter. Bei den Erst- und
Zweitimpfungen liegt Hamburg im Ländervergleich weiter auf dem
dritten Platz hinter Bremen und dem Saarland. Bei den
«Booster»-Impfungen belegt die Hansestadt Platz 11 unter den 16
Ländern vor Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und
Sachsen.