Lauterbach für Impfpflicht ab April oder Mai

Die Regierung will bei der Corona-Impfpflicht keinen eigenen
Vorschlag machen, sondern dem Parlament das Ruder überlassen. Zum
Zeitplan macht Gesundheitsminister Lauterbach aber nun doch eine
Ansage.

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält es für
wichtig, dass eine mögliche Corona-Impfpflicht nach einer
entsprechenden Entscheidung des Bundestags schnell in Kraft tritt.
Die Impfpflicht müsse schnell kommen, sagte der SPD-Politiker am
Dienstagabend in der Sendung «RTL Direkt». «Wenn wir einen Antrag
machen wollen, der noch funktioniert, dann ist das ein Antrag, der
die Impfpflicht in Kraft setzt - was weiß ich - im April oder um den
April herum, vielleicht im Mai.» Zur Begründung führte er an, dass
noch genug Zeit bleiben müsse, um Ungeimpfte vor einer möglichen
neuen Corona-Welle im Herbst zu immunisieren.

Wer noch nicht geimpft sei, müsse «drei Impfzyklen durchlaufen (...)
und bis dahin ist man dann schon im September oder Oktober», sagte
Lauterbach. «Weil das muss schnell geschehen, damit ich die Welle -
und das ist ja die Begründung für die Impfpflicht -, damit ich die
Welle im Herbst noch abwenden kann.»

Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz (SPD) befürworten eine allgemeine
Impfpflicht. Es soll aber keinen Regierungsvorschlag der
rot-grün-gelben Koalition geben. Stattdessen sollen
Abgeordneten-Gruppen Anträge zu dem Thema ins Parlament einbringen.
Die Union hatte dieses Vorgehen kritisiert.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch): «Ich bin der
Auffassung, der Deutsche Bundestag sollte nach gründlicher Beratung
im März über die allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus
abstimmen.» Wenn man diesen Zeitrahmen einhalten wolle, «wäre es
sinnvoll, die Gruppenanträge im Februar erstmals zu beraten».
Lauterbach sagte mit Blick auf die anstehenden Beratungen im
Parlament: «Ich würde sagen, dass wir Ende Februar/Anfang März da
schon wichtige Debatten sehen werden.»

Auch die SPD-Fraktion hatte bereits das Ziel genannt, die
Entscheidung im März abzuschließen. Kommende Woche Mittwoch soll es
eine erste Orientierungsdebatte im Bundestag geben. SPD-Fraktionsvize
Dirk Wiese sagte dem RND, er erwarte weitere konkrete Gruppenanträge
im Nachgang. Das Ampel-Bündnis strebt eine Abstimmung ohne die sonst
übliche Fraktionsdisziplin an und begründet dies damit, es handele
sich um eine ethische Frage. Auch innerhalb der Koalition gibt es
unterschiedliche Auffassungen zu dem Thema - so äußerten manche
FDP-Politiker Sympathie für eine Impfpflicht nur für Ältere, andere
FDP-Abgeordnete um Parteivize Wolfgang Kubicki lehnen eine
Impfpflicht dagegen komplett ab.

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen war zuletzt
deutlich gestiegen und hatte den höchsten Stand seit Pandemie-Beginn
erreicht. Lauterbach äußerte bei RTL die Erwartung, dass die
Fallzahlen weiter steigen werden - und dass der Höhepunkt der
Omikron-Welle in Deutschland wahrscheinlich Mitte Februar erreicht
sein dürfte.

Wegen der rasanten Verbreitung der Omikron-Variante des Virus
empfiehlt der Modellierer Dirk Brockmann von der Humboldt-Universität
Berlin den verpflichtenden Einsatz von FFP2-Masken. «Um das
Infektionsrisiko weiter zu senken und andere Maßnahmen zu verhindern,
sollten überall nur noch FFP2-Masken zulässig sein», sagte er der
«Rheinischen Post». «Sie wirken fast so gut gegen eine
Virusübertragung als wären sich die Menschen gar nicht begegnet.»
Bund und Länder hatten in ihrem jüngsten Beschluss bereits die
Verwendung von FFP2-Masken etwa im Nahverkehr dringend empfohlen,
teilweise ist dies in Bundesländern auch schon Pflicht.

Um in der Omikron-Welle eine Überlastung der Labor-Kapazitäten bei
den besonders sicheren PCR-Tests zu verhindern, warb der
Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), für
eine Priorisierung. «Dabei sollten die PCR-Tests aller
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ambulanten und stationären
Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit direktem Patientenkontakt
sowie der Beschäftigten der kritischen Infrastruktur Priorität
haben», sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Generell sieht die Nationale Teststrategie bei nur noch begrenzter
Kapazität eine Priorisierung von PCR-Tests vor. Vorrang haben dann
etwa Menschen mit Covid-19-Symptomen und Kontaktpersonen von
nachgewiesen Infizierten. Doch auch der Schutz von Menschen mit
besonders hohen Corona-Risiken beispielsweise im Gesundheitswesen
steht im Vordergrund. Lauterbach hatte bereits gesagt, für
Freitestungen aus der Quarantäne habe er veranlasst, dass es für
Gesundheitspersonal einen Vorrang bei der Labor-Auswertung gebe.

Der Deutsche Lehrerverband sprach sich dafür aus, PCR-Tests für
ungeimpfte Lehrkräfte sowie bei der Freitestung nach Infektionen oder
aus der Quarantäne als Kontaktperson verstärkt einzusetzen. Schulen
zählten auch zur kritischen Infrastruktur, sagte Präsident
Heinz-Peter Meidinger den Funke-Zeitungen. «Ob bei der Priorisierung
im Falle von Versorgungsengpässen Lehrkräfte dem Personal in
Krankenhäusern gleichgestellt werden sollen - soweit würde ich nicht
gehen», führte er aus. «Aber der Deutsche Lehrerverband würde die
Sicherstellung der Arbeit von Polizeidienststellen und die
Aufrechterhaltung des Schulbetriebs auf einer vergleichbaren Ebene
sehen.»