Corona-Berater von Polens Regierung werfen fast geschlossen hin

Warschau (dpa) - In Polen hat der Streit um die staatliche
Corona-Politik zu einem offenen Eklat im medizinischen Beratergremium
der Regierung geführt. Aus Protest gegen den zunehmenden Einfluss von
Impfgegnern verließen 13 von 17 Mitgliedern am Freitag den
Medizinischen Rat. Die Experten begründeten dies in einem Schreiben
an Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit einem «mangelnden
Einfluss» ihrer Empfehlungen. «Gleichzeitig haben wir beobachtet,
dass es eine wachsende Toleranz für Gruppen gibt, die die Bedrohung
durch Covid-19 und die Bedeutung von Impfungen im Kampf gegen die
Pandemie verneinen.»

Das Schreiben wurde von führenden Virologen, Epidemiologen und
Intensivmediziner unterzeichnet. Ausdrücklich verwiesen sie dabei auf
die Haltung von Regierungsmitgliedern und hohen Beamten. Nur vier
Mitglieder des Rats schlossen sich nicht an. Die Opposition wirft der
nationalkonservativen PiS-Regierung schon länger vor, angesichts
einer vergleichsweise geringen Impfquote drastische Maßnahmen zu
vermeiden, um Impfgegner in den eigenen Reihen nicht zu verprellen.

So fehlt beispielsweise weiterhin eine rechtliche Grundlage dafür,
dass Betreiber von Restaurants, Hotels und Geschäften den Impfstatus
ihrer Kunden abfragen können. Regelungen wie 2G (also Zugang nur für
Geimpfte und Genesene) oder 3G (also auch für Getestete) sind in
Polen unbekannt. Derzeit sind 56,4 Prozent der Bevölkerung mindestens
zweimal geimpft. Etwa 22 Prozent haben auch schon eine
Auffrischungsimpfung.

Erst Anfang der Woche war die Zahl der Corona-Toten nach offiziellen
Angaben über die Marke von 100 000 gestiegen. Am Freitag meldete das
Gesundheitsministerium 423 neue Todesfälle binnen 24 Stunden. Damit
sind in dem 38-Millionen-Einwohner-Land nunmehr 101 841 Menschen im
Zusammenhang mit dem Virus gestorben.