Polizei Hamburg untersagt Impfgegner-Demo - Kritik an Verbot

Seit Wochen ziehen samstags Tausende Impfgegner und Corona-Leugner
durch die Hamburger Innenstadt - zuletzt knapp 14 000. Für den
kommenden Samstag hat sich auch Gegenprotest angekündigt. Doch die
Impfgegner müssen wohl diesmal zu Hause bleiben.

Hamburg (dpa/lno) - Die Polizei hat eine für Samstag in der Hamburger
Innenstadt geplante Demonstration von Impfgegnern und Kritikern der
Corona-Maßnahmen verboten. Die Entscheidung sei angesichts drastisch
steigender Corona-Zahlen aus Infektionsschutzgründen gefallen, sagte
Polizeisprecher Holger Vehren der dpa. Da es sich bei einem großen
Teil der zu erwartenden bis zu 15 000 Teilnehmer um Impfgegner
handele, sei nicht damit zu rechnen, dass Infektionsschutzmaßnahmen
eingehalten würden. Eine ebenfalls für Samstag angemeldete
Gegendemonstration unter dem Motto «Solidarität und Aufklärung statt

Verschwörungsideologien» darf hingegen stattfinden. «Die werden Maske

tragen, davon gehen wir aus.»

Die Anmelderin der Impfgegner-Demo ging gegen die Entscheidung vor
und reichte noch am Donnerstagnachmittag einen Eilantrag beim
Verwaltungsgericht ein, wie ein Gerichtssprecher sagte. Die
Opposition in der Bürgerschaft sieht das Verbot kritisch.

Unterdessen sind die Corona-Zahlen in Hamburg am Donnerstag noch
einmal deutlich nach oben gegangen: 3764 neu nachgewiesene
Infektionen wurden gemeldet, so viele wie noch nie an einem Tag. Die
Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl neu gemeldeter Ansteckungen je
100 000 Einwohner binnen einer Woche, sprang erstmals über die
800er-Marke auf 801,8.

Die Gesundheitsbehörde, mit der sich die Polizei bei der Entscheidung
eng abgestimmt habe, sei zu der Einschätzung gekommen, dass
Versammlungen unter diesen Umständen nur dann zu verantworten seien,
wenn alle Teilnehmer Masken trügen. «Das ist bei dieser Versammlung
in der Vergangenheit nicht passiert und auch nicht zu erwarten»,
sagte Vehren. Auch habe sich die Anmelderin nicht kooperationsbereit
gezeigt. «Sie hat klar gemacht, dass sie die Versammlung genau so wie
in den vergangenen Wochen durchführen will und nicht anders.»

Die samstäglichen Demos in der Innenstadt haben seit Dezember
deutlich Zulauf. Am vergangenen Samstag gingen knapp 14 000
Impfgegner und Corona-Zweifler auf die Straße.

«Die sind nicht darauf aus, die Regeln einzuhalten», sagte Vehren.
Bei den Demonstrationen in den vergangenen Wochen seien Masken
vielfach nicht oder falsch getragen und falsche Atteste vorgelegt
worden, um eine Befreiung von der Maskenpflicht vorzutäuschen.

Vehren warnte davor, sich dennoch an einer verbotenen Demonstration
zu beteiligen. Jeder, der das tue, mache sich strafbar. Er könne
deshalb nur raten: «Bleiben sie zu Hause!»

Die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Anke
Frieling, hält die Verbotsentscheidung für fragwürdig. «Natürlich

müssen insbesondere auch in einer Hochphase einer Pandemie bestehende
Schutzregeln dabei eingehalten werden. Aber auf der bestehenden
Grundlage jetzt eine für kommenden Samstag angemeldete Demonstration
kurzfristig abzusagen, nachdem man ähnliche oder andere
Demonstrationen monatelang zugelassen hat, kann zumindest hinterfragt
werden.» Ein stringentes Handeln sehe anders aus.

Der Innenexperte der Linken, Deniz Celik, nannte das
Demonstrationsverbot «völlig unverhältnismäßig». Vielmehr brauc
he es
inhaltliche Kritik an den Positionen der Impfgegner und Rechten,
sagte Linke-Landeschef Keyvan Taheri. «Solche autoritären Methoden
wie Versammlungsverbote sind die falsche Antwort auf
gesellschaftliche Kontroversen.» Deshalb habe die Linke auch den
Aufruf zur Gegendemo unterstützt.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann nannte das Verbot «hanebüchen,
skandalös und unverhältnismäßig». Rot-Grün wolle damit Kritiker
ihrer
Corona-Politik zum Schweigen bringen. «Durch derartige Maßnahmen
werden die Menschen radikalisiert», warnte er. «Sollte das
Demonstrationsverbot nicht zu kippen sein, wäre das ein schwarzer Tag
für unsere Demokratie.»