SUV-Prozess mit vier Toten: Streit um Patientenakte des Fahrers

Berlin (dpa) - Im Prozess um einen SUV-Unfall mit vier Toten in
Berlin hat die Verteidigung Zweifel an Angaben eines Arztes geäußert.

Der Mediziner, bei dem der Angeklagte damals in der Hauptstadt in
Behandlung war, habe die Patientenakte des 44-Jährigen nachträglich
mit einer angeblichen Risiko- und Sicherheitsaufklärung ergänzt,
erklärte ein Anwalt am Mittwoch vor dem Berliner Landgericht. Die
Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte wegen
einer strukturellen Epilepsie und einer Gehirnoperation, die
nur einen Monat zurücklag, nicht am Steuer des schweren Wagens hätte

sitzen dürfen. 

Am 6. September 2019 war das Auto über die Gegenfahrbahn
hinweg von der Invalidenstraße in der Berliner Innenstadt abgekommen.

Der Fahrer soll wegen eines epileptischen Anfalls das Gaspedal
durchgedrückt haben. Der Wagen überschlug sich mehrfach und töt
ete
vier Menschen auf dem Gehweg. Unter den Opfern waren ein dreijähriger
Junge und seine Großmutter.  

Eine Nebenklageanwältin verlas am inzwischen 17. Verhandlungstag eine
Erklärung der Mutter des getöteten Jungen, die in derselben Sekunde
auch ihre 64-jährige Mutter verloren hatte. Der Unfall geschah vor
den Augen der 38-jährigen Frau und eines Bruders des kleinen Jungen.
«Wir sind jetzt alle krank», verlas die Anwältin der Mutter. Der
Schmerz sei übermächtig. Die 38-Jährige nahm bislang nicht persönli
ch
an der Verhandlung teil. 

Nach mehr als zweimonatiger Beweisaufnahme nähert sich der Prozess
seinem Ende. Zentral ist die Frage, ob ein epileptischer Anfall für
den Angeklagten vorhersehbar war. Der 44-jährige Unternehmer hatte zu
Prozessbeginn erklärt, für ihn habe es keine Anhaltspunkte gegeben,
dass er nochmals einen Anfall erleiden könnte. Er sei sicher gewesen,
dass mit einer Hirn-OP die Ursache für seinen ersten und bis zum
tragischen Unfall einzigen epileptischen Anfall, den er im Mai 2019
erlitten habe, restlos beseitigt worden sei. Der Prozess soll am 19.
Januar fortgesetzt werden.