Corona-Inzidenz steigt deutlich - Kritik an Impfstoffverteilung

Die Zahl der Corona-Infizierten nimmt in Brandenburg weiter zu. Und
die Omikron-Variante ist laut Gesundheitsministerium auf dem
Vormarsch. Mit Blick auf die Infektionszahlen haben die Ärzte einen
ganz besonderen Kritikpunkt.

Potsdam (dpa/bb) - Das Coronavirus breitet sich in Brandenburg weiter
spürbar aus. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg nach Angaben des Robert
Koch Instituts vom Donnerstag im Vergleich zum Vortag deutlich - von
400,4 Ansteckungen innerhalb einer Woche je 100 000 Einwohner auf
435,9. Damit hat das Land hinter Bremen (713) den zweithöchsten Wert
bundesweit. Vor einer Woche betrug die Inzidenz 357,6. Allein fünf
Landkreise und die kreisfreie Stadt Cottbus lagen den Angaben zufolge
am Donnerstag über einer Sieben-Tage-Inzidenz von 500.

Bei der Zahl neuer Krankenhauspatienten mit Covid-19 pro 100 000
Einwohner in sieben Tagen bewegt sich die Warnampel in Brandenburg in
Richtung Rot. Der Wert erreichte am Donnerstag 5,3 nach 3,95 am
Mittwoch. Das Warnsystem zeigt Rot an, wenn der Wert 6 überschreitet.
Neben der Sieben-Tage-Inzidenz lag auch der Anteil der Intensivbetten
mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten mit 21,2 Prozent im roten
Bereich des Warnsystems.

608 Patienten wurden zuletzt mit einer Covid-Erkrankung im
Krankenhaus behandelt; 161 von ihnen lagen auf Intensivstationen und
von ihnen mussten mit Stand Mittwoch 130 beatmet werden. Ebenso
bleibt die Zahl der gemeldeten neuen Corona-Infektionen binnen eines
Tages auf hohem Niveau: 2986 Fälle kamen hinzu nach 3324 am Vortag.
Außerdem wurden 23 Todesfälle im Zusammenhang mit einer
Covid-Erkrankung innerhalb eines Tages gemeldet.

In Brandenburg wird Omikron nach Einschätzung der Landesregierung in
diesen Tagen die vorherrschende Coronavirus-Variante. Sie ist in
einigen Bundesländern wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und
Baden-Württemberg nach Angaben der zuständigen Landesbehörden bereits

vorherrschend.

Die Regierungschefs von Bund und Ländern beraten am Freitag über
weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Omikron-Welle.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rechnet mit der Festlegung
weiterer Corona-Maßnahmen, um die Funktionsfähigkeit des
Gesundheitssystems zu sichern und die Pandemie einzudämmen.

Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) und ihre
Amtskolleginnen und Amtskollegen hatten am Mittwoch vorgeschlagen,
dass geimpfte Beschäftigte etwa in Kliniken und Pflegeheimen eine
Isolation wegen einer Infektion nach fünf Tagen mit einem negativen
PCR-Test beenden können. Damit soll ein großflächiger Personalausfall

verhindert werden. Nonnemacher hält auch eine Ausweitung der
FFP2-Maskenpflicht für sinnvoll, Details nannte sie jedoch nicht.

Unterdessen übten die Ärzte in Brandenburg scharfe Kritik an der
durch den Bund organisierten Impfstoffverteilung. Der Vorsitzende des
Hartmannbundes im Land, Hanjo Pohle, sprach am Donnerstag von einem
«eklatanten Staatsversagen». Es herrsche weiter völlige
Intransparenz, wer wo wie viel Corona-Impfdosen erhalte. Viele
jüngere Menschen müssten derzeit mangels Impfstoff wieder nach Hause
geschickt werden, weil für sie laut der Empfehlung der Ständigen
Impfkommission (Stiko) nur das Biontech-Vakzin in Frage komme.

Vom Gesundheitsministerium in Potsdam hieß es dazu auf Nachfrage, die
aufgezeigte Problematik ziele in erster Linie auf die seit November
2021 erfolgende Kontingentierung des Impfstoffs der Firma Biontech
ab. Sie lässt für Ärztinnen und Ärzte eine maximale Bestellmenge vo
n
30 Dosen und für Impfstellen der Länder von 1070 Dosen pro Woche zu,
wobei die tatsächlichen Liefermengen teilweise nochmals deutlich
unter den gedeckelten Bestellmengen liegen.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte mitgeteilt, dass diese
Kontingentierung mindestens für den Monat Januar aufrechterhalten
bleiben müsse, da die Nachfrage an Biontech-Impfstoff die an
Deutschland ausgelieferten Mengen erheblich übersteige. Ende des
Jahres hatte das Ministerium angekündigt, Möglichkeiten zu suchen, um
die Mengen an verfügbarem Biontech-Impfstoff zu erhöhen.

Dies sei auch aus Sicht des Landes Brandenburg dringend geboten -
selbst wenn mit dem Impfstoff von Moderna ein sehr gut verträglicher
und sehr gut wirksamer Impfstoff für die Altersgruppe ab 30 Jahren
uneingeschränkt zur Verfügung stehe, hieß es weiter vonseiten des
Ministeriums. Den aktuellen Verteilweg an Impfstellen und Ärzte über
den pharmazeutischen Großhandel und die Apotheken bezeichnete ein
Ministeriumssprecher als «etabliert und funktional».

Bei der Impfquote hinkt Brandenburg derweil den anderen Bundesländern
weiter hinterher: 64,9 Prozent der Bevölkerung ist nach RKI-Angaben
mit Stand Mittwoch vollständig geimpft. Damit liegt das Land im
Vergleich weiter auf dem vorletzten Platz.

Bei den Brandenburger Staatsanwaltschaften sind inzwischen etwa 50
Verfahren wegen gefälschter Impfpässe anhängig. Da bei der Polizei
bereits etwa 300 Ermittlungsverfahren zu diesem Delikt eingeleitet
wurden, sei auch ein Anwachsen der Fälle bei Staatsanwaltschaften und
Gerichten zu erwarten, sagte Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU)
im Justizausschuss des Landtags. Eine zentrale Stelle für die
Bearbeitung dieser Verfahren sei aber nicht vorgesehen.