Corona-Infektionen steigen - Schwesig will einheitliche Maßnahmen

Auch in Mecklenburg-Vorpommern breitet sich die besonders ansteckende
Corona-Variante Omikron aus. Vor der Bund-Länder-Konferenz am Freitag
zur Corona-Lage in Deutschland hat Mecklenburg-Vorpommerns
Regierungschefin Schwesig ihre Erwartungen klar formuliert.

Schwerin (dpa/mv) - Die vor Weihnachten im Land verhängten massiven
Corona-Schutzmaßnahmen haben nach Überzeugung von Ministerpräsidentin

Manuela Schwesig (SPD) geholfen, die Infektionslage kurzzeitig zu
beruhigen und den Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern Luft zu
verschaffen. Weil die große Mehrheit der Bevölkerung die Maßnahmen
mittrage, habe die drohende Überlastung des Gesundheitssystems
abgewendet werden können, sagte Schwesig am Donnerstag nach einer
Sondersitzung des Kabinetts in Schwerin. Das im Land geltende
Ampelsystem habe sich bewährt. Doch bestehe kein Anlass für
Entwarnung. «Wir müssen weiter durchhalten. Die Lage wird sich durch
Omikron noch einmal verschärfen», machte die Regierungschefin
deutlich.

Über die Feiertage war die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen im
Nordosten spürbar gesunken. Doch führen Experten diesen Trend auch
auf die geringere Zahl von Corona-Tests in der Ferienzeit zurück. Im
neuen Jahr steigen die Fallzahlen sprunghaft an.

Unmittelbar vor den für Freitag geplanten Bund-Länder-Beratungen zur
Corona-Lage forderte Schwesig bundesweit einheitliche Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie. Die Entwicklung im Norden zeige, wohin
unterschiedliche Vorgaben führten. So habe Mecklenburg-Vorpommern für
Gaststättenbesuche die 2G-plus-Regelung eingeführt und frühzeitig
Diskotheken und Clubs geschlossen. «Wir sehen gerade in unserem
Nachbarland Schleswig-Holstein, dass es eben doch gefährlich ist,
wenn Diskotheken aufbleiben.»

Diese hätten sich dort als Infektionsorte erwiesen. Besucher - auch
aus Mecklenburg-Vorpommern - hätten sich mit Corona angesteckt oder
müssten als Kontaktpersonen in Quarantäne, sagte Schwesig.
Einheitliche Regelungen könnten zu einer Verringerung der Mobilität
führen und so die Gefahr der Virusübertragung reduzieren. Auch der
Verzicht in Schleswig-Holstein oder Brandenburg auf die in
Mecklenburg-Vorpommern geforderten Corona-Tests bei Besuchen in
Gaststätten hatte nach Aussagen von Kommunalpolitikern über die
Feiertage die Reisetätigkeit über Landesgrenzen hinweg gefördert.

Schwesig sprach sich angesichts der sprunghaft ansteigenden
Infektionen mit der Corona-Variante Omikron zudem dafür aus,
Reha-Maßnahmen für die kommenden Wochen einzuschränken, um in
Reha-Kliniken notfalls Corona-Patienten unterbringen und behandeln zu
können. In Mecklenburg-Vorpommern stehen dafür bereits mehrere
solcher Einrichtungen zur Verfügung. Auch wenn es Anhaltspunkte dafür
gebe, dass die neue Variante zu weniger schweren Krankheitsverläufen
führe, so werde mit der zunehmenden Zahl von Infizierten auch die
Zahl der Klinikeinweisungen wieder steigen, prophezeite Schwesig.

Der Rostocker Infektiologe Professor Emil Reisinger rechnet damit,
dass bis Mitte Januar die hoch ansteckende Corona-Variante Omikron
auch im Nordosten dominant sein wird. «Ich gehe davon aus, dass wir
in der nächsten, spätestens übernächsten Woche 80 bis 90 Prozent in

Mecklenburg-Vorpommern haben werden», sagte der Mediziner und Berater
der Landesregierung nach der Kabinettssitzung. Bei den Laborproben an
der Rostocker Universitätsmedizin seien schon jetzt etwa 60 Prozent
positiv auf Omikron getestet worden.

Omikron sei deutlich infektiöser als bisherige Varianten, mache aber
weniger krank. «Insbesondere bei Geimpften sehen wir Infektionen ohne
Symptome beziehungsweise mildere Verläufe», sagte Reisinger. Er
berichtete von einem Betrieb mit 1000 Mitarbeitern, in dem nach einem
Corona-Ausbruch 100 Beschäftigte infiziert gewesen seien. Alle
Betroffenen seien zwei Mal geimpft, nur zwei davon fieberhaft
erkrankt.

Dies wertete Reisinger als Beleg dafür, dass eine Grundimmunisierung
vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Die Wirksamkeit erreiche
nach einer Boosterung bis zu 90 Prozent. Der Mediziner appellierte an
die noch nicht Geimpften, die Angebote zur Immunisierung zu nutzen.
«Jede Impfung zählt, auch eine Erstimpfung», betonte Reisinger.
Deutschland sei in der glücklichen Lage, über genügend wirksame und
sichere Impfstoffe zu verfügen. Wer bedenken gegen MRNA-Impfstoffe
wie etwa von Biontech oder Moderna habe, könne sich in Kürze auch mit
einem klassischen Totimpfstoff impfen lassen.

Auch Schwesig erneuerte ihren Appell, sich impfen zu lassen: «Neben
den Schutzmaßnahmen, die wir getroffen haben, ist der beste und
wichtigste Schutz für die Bürgerinnen und Bürger das Impfen.»
Mittlerweile hätten 70,1 Prozent die Grundimmunisierung nach zwei
Impfungen, 37,4 Prozent auch die dritte Spritze zur Auffrischung
erhalten. Damit liegt Mecklenburg-Vorpommern aber weiter unter dem
Bundesdurchschnitt.

Bei den Bund-Länder-Beratungen am Freitag soll es auch um eine
Verkürzung der Quarantäne für Kontaktpersonen gehen, um bei hohen
Infektionszahlen wichtige Versorgungsbereiche aufrechterhalten zu
können. «Wir möchten gerne, dass es neue Quarantäneregeln gibt, die

ermöglichen, dass die Quarantäne auf das Notwendigste verkürzt wird,

insbesondere in kritischen Bereichen», sagte Schwesig. Hierzu zählen
neben dem Gesundheitssystem auch Energie- und Wasserversorgung oder
die öffentliche Sicherheit. Die Diskussion dazu sei noch nicht
abgeschlossen, sie hoffe aber auf einen gemeinsamen Beschluss am
Freitag.