Tourismusbranche drückt Gesamterwartungen der Wirtschaft im Nordosten

Insgesamt schauen die Unternehmen etwas weniger pessimistisch auf das
angebrochene Jahr als vor zwölf Monaten. Doch vor allem im
Gastgewerbe und in der Freizeitwirtschaft bleibt die Stimmung
gedrückt.

Schwerin (dpa/mv) - Die für Mecklenburg-Vorpommern wichtige
Tourismusbranche teilt die insgesamt verbesserten Umsatzerwartungen
der Unternehmen nicht. Die jährliche Umfrage der Vereinigung der
Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern (VUMV) hatte eine
Verbesserung der Stimmungslage im Vergleich zum Vorjahr attestiert.
Die Prognose des Wirtschaftsministers Reinhard Meyer von drei Prozent
Wirtschaftswachstum halte er jedoch für zu optimistisch, sagte
VUMV-Präsident Lars Schwarz am Dienstag bei der Vorstellung der
Umfrageergebnisse.

Allein die Auswirkungen eines möglichen Scheiterns der Rettung der MV
Werften schätzte der Verband auf ein Prozent. Allgemein gebe es zu
viele Unsicherheiten. Der VUMV geht von zwei Prozent Wachstum in
diesem Jahr aus. Dies hänge jedoch maßgeblich von der Bewältigung der

Pandemie ab.

Hotels und Gaststätten sehen sich von der Corona-Krise besonders
belastet und vergaben sowohl bei der aktuellen Stimmung sowie in den
Prognosen für Umsatz, Beschäftigte und Investitionen negative
Bewertungen. «Auch im zweiten Pandemiewinter wird die Last in der
Bewältigung der Krise wieder auf ein paar wenige Branchen abgeladen»,
kritisierte Matthias Dettmann, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und
Gaststättenverbands MV. Ebenfalls eher kritisch zeigten sich die
Freizeitwirtschaft, die Agrar- und Ernährungsindustrie und die
maritimen Zulieferer.

Im Gesamtbild zeigte sich dennoch eine Verbesserung zu 2021. Laut der
Umfrage unter den 2400 Mitgliedsunternehmen des Dachverbands haben
sich vor allem die Umsatzerwartungen verbessert. 29 Prozent der
Befragten gehen demnach von verbesserten Erlösen in diesem Jahr aus,
43 Prozent von einer Stagnation und 23 Prozent von einem Rückgang.
Vor einem Jahr rechneten den Angaben zufolge noch 57 Prozent mit
einer Verschlechterung.

Verbandschef Schwarz gab jedoch zu bedenken: «Die Erwartungen an die
Geschäftsentwicklungen der Unternehmen stellen sich im Vergleich zum
deutschlandweiten Trend in MV verhaltener dar.» Er verwies auf eine
Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft, nach der bundesweit
81 Prozent der Unternehmen mit steigenden Umsätzen rechnen. Auch bei
den geplanten Investitionen bleibt der Nordosten deutlich hinter dem
Bundesschnitt. Der Verbandschef machte für die Unterschiede vor allem
den geringeren Anteil der exportorientierten Wirtschaft im Land
verantwortlich.

Insgesamt ist die Insolvenzgefahr zum Jahresbeginn 2022 aus Sicht des
VUMV trotz der leicht besseren Erwartungen höher als noch vor einem
Jahr. Während Schwarz die Bemühungen der Landesregierung anerkannte,
die finanzielle Belastung der Unternehmen zu mildern, sei die
Überbrückungshilfe 4 auf Bundesebene deutlich kleiner ausgefallen.
Kritik an der Regierung in Schwerin kam vor allem in Bezug auf die
Testpflicht trotz Impfung oder Genesenenausweis (2G plus) unter
anderem in der Gastronomie. Hier sei man über die Beschlüsse der
Ministerpräsidentenkonferenz hinausgegangen. Schwarz bezeichnete die
Lage, in der vor allem im Tourismus die Betriebe öffnen durften,
jedoch weitgehend verwaist blieben, als «Tod auf Raten».