Kaum noch Zweifel an Schulöffnungen im Südwesten ab Montag

Die Inzidenz steigt, und erneut sitzen die Kultusminister zusammen,
um über die Öffnung der Schulen zu sprechen. Fast auf den Tag genau
vor einem Jahr war es auch so. Aber offene Schulen trotz Omikron?
Geht das? Das geht, sagt die Kultusministerin.

Stuttgart (dpa/lsw) - Wenige Tage vor dem Ende der Weihnachtsferien
rechnet Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne)
trotz anziehender Pandemielage fest mit Präsenzunterricht von Montag
(10.01.) an. «Die Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig Präsenz
an den Schulen nicht nur als Bildungsort, sondern vor allem auch als
Lebens- und Sozialraum ist», sagte ihr Sprecher der Deutschen
Presse-Agentur. «Deshalb halten wir am Ziel Präsenzunterricht fest.»


Auch Verbände von Lehrern und Eltern rufen dazu auf, die Schulen zu
öffnen. «Es gibt momentan gar keinen Grund, warum das Land anders
entscheiden sollte», sagte der Vorsitzende des Landeselternbeirats
(LEB), Michael Mittelstaedt, der dpa. Die Lage im Gesundheitsbereich,
die stets als tragendes Argument herangezogen werde, sei entspannter
als vor den Ferien. Ähnlich sehen das die Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE). «Am
Montag wird man normal und nach Stundenplan starten», sagte der
VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand.

Schoppers Sprecher betonte, Schulen sollten nicht als erste
Einrichtung geschlossen werden. Im Fall einer Zuspitzung der
Corona-Lage müssten auch andere Bereiche der Gesellschaft deutlich
zurückgefahren werden. Die Ministerin betrachte das als einen Beitrag
zur Chancengerechtigkeit.

Auch an der Maskenpflicht werde das Land festhalten. Die Tests in den
Klassen sollen ausgeweitet werden, kündigte der Ministeriumssprecher
zudem an, ohne Details zu nennen. Er sicherte auch Flexibilität für
Schulen zu, damit sie auf ihre Lage reagieren könnten. «Diesen Wunsch
wollen wir bei den Regelungen berücksichtigen, weil die Situationen
vor Ort unterschiedlich sind.» GEW-Landesvorsitzende Monika Stein
forderte gegenüber der «Heilbronner Stimme» und dem «Südkurier»
,
vorerst täglich an Kitas und Schulen zu testen: «Ich halte zumindest
in den nächsten beiden Wochen nach den Weihnachtsferien tägliche
Tests an den Kitas und Schulen für notwendig.»

Schopper und die Kultusminister und -ministerinnen der anderen
Bundesländer wollen am Mittwoch (5.1.) kurzfristig in einer
Videokonferenz über die Lage an den Schulen beraten - also noch vor
der nächsten Schaltkonferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern
am 7. Januar. Wegen der Feiertage mit weniger Tests und verzögerten
Infektionsmeldungen sind die Inzidenzzahlen und Angaben zur
Verbreitung der Omikron-Variante derzeit nicht präzise.

Das Vorgehen entspricht auch vielen Wünschen der Gewerkschaften: So
fordert der VBE, Schulen müssten vor allem mit Blick auf die neue
Omikron-Variante und die unterschiedlichen Infektionszahlen in den
Regionen so selbstständig wie möglich über Maßnahmen entscheiden.
«Das Land sollte keine rote Linie für landesweite Schulschließungen
vorgeben, sondern einen Rahmen oder Fahrplan», sagte der
Landesvorsitzende Brand. Innerhalb dieses Rahmens könnten Schulen
dann in Absprache mit dem staatlichen Schulamt flexibel entscheiden,
was am besten zu tun sei. «Es gibt belastete und weniger belastete
Regionen. Die kann man nicht miteinander vergleichen.»

Auch die GEW-Vorsitzende Monika Stein erwartet nicht unbedingt eine
landesweite Lösung, sie dürfe aber auch nicht zu kleinteilig
ausfallen. «Das sollten nach Möglichkeit die Regierungspräsidien
entscheiden», sagte sie. Nach Auffassung des LEB sollten Schulen
schließen, wenn nachweislich die Gesundheit für Kinder und
Jugendliche gefährdet ist.

Dies sei zum Beispiel der Fall bei Virusvarianten, die in der
jüngeren Gruppe größeren Schaden anrichten könnten, sagte der
LEB-Vorsitzende Mittelstaedt in Rottweil. Gäbe es doch wieder
Unterricht auf Distanz, müsse berufstätigen Eltern ohne bürokratische

Hürden eine Notbetreuung für ihre Kinder angeboten werden.

Auch die Bundesregierung und Bundesbildungsministerium hatten zuletzt
ihr Ziel bekräftigt, Schulen und Kitas offen zu halten.
«#Präsenzunterricht ist eine Frage der Chancengerechtigkeit»,
twitterte die neue Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP)
am Montag. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin
Prien (CDU), warnte am Dienstag im TV-Sender phoenix: «Für Kinder und
Jugendliche bedeuten Schulschließungen eine massive Einschränkung
ihrer Entwicklungsmöglichkeiten, ihrer Lernchancen, der
Chancengerechtigkeit.» Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin
hatte zum Jahreswechsel die KMK-Präsidentschaft übernommen.

Während die Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg erst von
Beginn kommender Woche an in den Schulen zurückerwartet werden, hat
der Unterricht in mehreren anderen Bundesländern bereits am Montag
begonnen. Am Dienstag ist das Saarland gefolgt, am Mittwoch ist
Hamburg an der Reihe und auch die meisten Schulen in Thüringen.