Nach Corona-Vakzinen: Neue Impfstoff-Technologie auch für Tiere?

Im Zuge der Corona-Pandemie sind neuartige Impfstoffe zugelassen
worden. Forscher bei Greifswald sehen auch für Tier-Vakzine großes
Potenzial. Allheilmittel wird es wohl trotzdem vorerst nicht geben.

Riems (dpa/mv) - Außer Menschen könnten auch Tiere von den großen
Fortschritten bei der Impfstoffentwicklung im Zuge der
Corona-Pandemie profitieren. Von einer Zukunftstechnologie auch für
den Tierbereich sprach Martin Beer mit Blick auf sogenannte
RNA-Impfstoffe. Er leitet das Institut für Virusdiagnostik am
Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald.
Unweit vom FLI arbeitet die Ceva Tiergesundheit Riems GmbH an
RNA-Impfstoffen für Tiere. «Grundsätzlich ist natürlich die gesamte

RNA-Forschung und -Technologie durch die Coronavirus-Impfstoffe stark
beflügelt worden», sagte der dortige Forschungsleiter Fabian
Deutskens. Am Donnerstag besuchte Landeswirtschaftsminister Harry
Glawe (CDU) das Unternehmen.

RNA fungiert als genetische Bauanleitung zur Herstellung von
Proteinen und kann so genutzt werden, Zellen dazu zu bringen,
Antigene von Erregern zu produzieren und die Immunabwehr dagegen zu
aktivieren. Während dieses Prinzip bei Corona-Vakzinen schon genutzt
wird, seien entsprechende Tierimpfungen seines Wissens bisher nicht
vorhanden, sagte Beer. Ein Vorteil dieser Technologie sei, dass man
mit ihr viele Monate bei der Entwicklung von Impfstoffen spare. «Für
neu auftretende Viren ist das eine ganz wichtige Errungenschaft und
wird sicher auch beim Tier in der Zukunft vermehrt eine Rolle
spielen.» Deutskens verwies darauf, dass mit dem Klimawandel etwa
auch andere Mücken- oder Zeckenarten nach Europa kämen und damit auch
potenziell neue Erreger.

Harry Glawe (CDU) sieht in Ceva gar einen Kandidaten für die
Produktion von Impfstoffen für Menschen. Eine solche Produktion auch
in Mecklenburg-Vorpommern sei wünschenswert, erklärte er.

Das Land fördert Cevas Entwicklungsarbeit an RNA-Impfstoffen mit
EU-Geldern in Höhe von knapp 1,2 Millionen Euro. Ceva strebt bis 2025
die EU-Zulassung eines eigenen RNA-Impfstoffes an. Er richtet sich
laut Unternehmen gegen einen Erreger, der bei Hausschweinen
Immunschwäche verursacht.

Bei Tierimpfstoffen spiele der Kostenfaktor eine deutlich größere
Rolle als bei Impfungen für Menschen, erklärte Beer. RNA-Impfstoffe
seien in der Herstellung zumeist teurer als die bisher gängigen
Vakzine. Durch die Massenproduktion solcher Vakzine im Zuge der
Corona-Pandemie könnten aber seiner Ansicht nach auch die Kosten für
entsprechende Tiervakzine sinken. Deutskens wies zudem daraufhin,
dass auch die Zulassungsverfahren durch die Erfahrungen mit
Corona-Impfstoffen weitestgehend geklärt seien.

Laut Beer werden aber auch in Zukunft etablierte Impfstoffe weiter
eine Rolle spielen, die etwa auf abgetöteten oder abgeschwächten
Erregern basieren. Gegen die Afrikanische Schweinepest etwa sei der
Einsatz von RNA-Impfstoffen eher unwahrscheinlich. Wildschweine
beispielsweise müsse man über Köder impfen, was für RNA-Vakzinen ei
n
Problem darstellt. Das FLI arbeite daher an Impfstoffen gegen die
Afrikanische Schweinepest auf Basis abgeschwächter Viren. Man sei
aber noch viele Jahre von einem zugelassenen Impfstoff entfernt.