Experten: Lockdown hat Sprachprobleme von Kindern verschärft

Thalheim (dpa/sn) - Der Corona-Lockdown hat nach Einschätzung von
Experten für viele Kinder und Jugendliche Sprachprobleme verschärft.
Einerseits sei es durch die zeitweise Schließung von Schulen und
Kindergärten erschwert gewesen, Störungen der Sprach- und
Sprechentwicklung zu erkennen, sagte die Direktorin der Klinik für
Phoniatrie am Universitätsklinikum Münster, Katrin Neumann, am Montag
bei einem Symposium in Thalheim (Erzgebirgskreis). Andererseits
hätten Lockdown und Quarantänen Therapien beim Logopäden behindert
und hinausgezögert. Dabei sei gerade das häufige Training und die
Wiederholung wichtig, um Sprachmuster zu verändern.

«Je länger so eine Störung besteht und je später sie behandelt wird
,
desto größer ist die Gefahr einer Fixierung und umso ineffektiver
werden die Therapien», betonte die Expertin. Für die Entwicklung
sprachlicher Kompetenzen müssten Kinder zudem viel mit Gleichaltrigen
sprechen. Hierbei hätten sich das Homeschooling und die Einschränkung
sozialer Kontakte negativ ausgewirkt. Insgesamt liege der Anteil der
Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen, die vor allem genetisch
bedingt seien, bei sieben bis acht Prozent. Verfestigten sich solche
Störungen, könnten mehr stationäre Therapien notwendig werden, so
Neumann.

«Der Bedarf ist da und steigt», konstatierte Julia Hauschild,
Chefärztin der Reha-Fachklinik für Kinder und Jugendliche mit Sprach-
und Sprechstörungen in Thalheim. Ihr Haus habe vor 20 Jahren mit 36
Kindern angefangen, aktuell gebe es 90 Therapieplätze. Anfang 2022
werde die Zahl auf 110 steigen. Dennoch betrage die Wartezeit derzeit
zwischen neun und elf Monate. Auch Hauschild beklagte, dass infolge
der Corona-Pandemie ambulante Sprechtherapien oftmals stagniert
hätten und Fortschritte wieder zunichte gemacht worden seien.

Störungen in der Sprachentwicklung sind nach Angaben der Fachleute
oft weitreichend für die Betroffenen. Das reiche vom sozialen
Miteinander bis hin zum Erfolg in der Schule. Hauschild: «Kinder, die
eine Sprachstörung haben, haben häufig auch ganz große Probleme beim

Schriftspracherwerb.»