Pandemie: Deutliche Ost-West-Schere bei Inzidenzen

Nach den Impfquoten klaffen auch die Wochen-Inzidenzen zwischen Ost-
und Westdeutschland auseinander. Ist das mehr als ein
Schulbeginn-Effekt?

Berlin (dpa) - In der Corona-Pandemie zeigt sich ein weiteres
deutliches Ost-West-Gefälle: Die 7-Tages-Inzidenz, die im Labor
bestätigte Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche
anzeigt, ist in fast allen östlichen Bundesländern spürbar gestiegen.

Im Westen der Republik blieb sie dagegen entweder ähnlich hoch oder
nahm ab, heißt es im jüngsten Wochenbericht des Robert Koch-Instituts
(RKI) vom Donnerstagabend. In Ostdeutschland liegen die Impfquoten
weiterhin zumeist deutlich niedriger als im Westen.

Der Vergleich der 7-Tages-Indzidenz des RKI bezieht sich auf die
erste und zweite Septemberwoche. Danach stiegen die Werte von der 35.
auf die 36. Kalenderwoche für Sachsen und Thüringen um jeweils 40
Prozent an, gefolgt von Brandenburg (plus 19 Prozent) und
Sachsen-Anhalt (plus 17 Prozent). Nur in Mecklenburg-Vorpommern
verlief der Anstieg mit sieben Prozent eher moderat. Insgesamt liegen
die registrierten 7-Tages-Inzidenzen im Osten damit meist weiterhin
auf einem deutlich niedrigeren Niveau als im Westen - allein die
rasanten Sprünge nach oben sind auffällig.

Am deutlichsten fielen die Inzidenzen dagegen im Saarland (minus 26
Prozent), Schleswig-Holstein (minus 15 Prozent) und in
Nordrhein-Westfalen (minus 14). Bundesweit gingen die
7-Tages-Inzidenzen damit sogar leicht um fünf Prozent zurück.

Diese Entwicklung könnte auf einen Rückgang des Sommerreiseverkehrs,
eine Abnahme der diagnostizierten Infektionen beim Schulanfang sowie
auf die breite Einführung der 2G- oder 3G-Regeln zurückzuführen sein,

heißt es im Wochenbericht.

In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gingen die Sommerferien erst
Anfang September zu Ende. Sachsen, Brandenburg, Thüringen und
Sachsen-Anhalt sind aber auch bundesweit die Schlusslichter beim
Impfen.

Die 7-Tages-Inzidenz gilt als ein Frühwarnindikator für den weiteren
Verlauf der Pandemie. Stark steigende Werte können insbesondere in
ungeimpften Risikogruppen mit Zeitverzögerung zu mehr
Klinikeinweisungen und auch zu mehr Todesfällen führen, vor allem in
höherem Alter.

Die Testhäufigkeit ist bundesweit weiter gestiegen. In der 35.
Kalenderwoche waren es 945 676 PCR-Tests, in der 36. Woche 991 366,
übermittelt von jeweils rund 200 Laboren. Der Positivanteil der
Proben lag um die acht Prozent mit leicht sinkender Tendenz.

Momentan steigt die Inzidenz besonders bei Kindern und Jugendlichen,
aber weiterhin auch in den meisten anderen Altersgruppen an, heißt es
in der jüngsten RKI-Analyse. Leichte Anstiege sind auch bei den
Hochbetagten über 90 Jahre zu sehen.

Die weiter dominierende, ansteckendere Delta-Virusvariante hat auch
zu mehr Ausbrüchen in Kitas und Schulen geführt. Bereits Ende August
erreichten die Meldedaten laut Bericht ein Niveau, das vor einem Jahr
erst Mitte Oktober zu beobachten war.

Die meisten Covid-Patienten, die jüngst in Kliniken kamen, waren
zwischen 35 und 59 Jahre alt. In der großen Mehrheit waren sie
ungeimpft. Impfdurchbrüche bleiben aufs ganze Jahr betrachtet selten,
bei Älteren kommen sie bisher deutlich häufiger vor als bei Jüngeren.


Die Zahl schwerer Atemwegsinfektionen bei den 35- bis 59-Jährigen in
Kliniken liege deutlich über dem Niveau der Vorjahre um diese
Jahreszeit und sei auf Covid zurückzuführen, heißt es im Bericht. Die

Zahl der Patienten auf Intensivstationen nahm im Vergleich zur
Vorwoche um 10 Prozent auf mehr als 1500 zu.

Die Impfquote in Deutschland kommt weiterhin nur im Schneckentempo
voran. Bis Mitte September waren 62 Prozent der Bundesbürger
vollständig immunisiert. Eine Woche zuvor lag dieser Wert bei 61,6
Prozent.

Alle Impfstoffe, die zurzeit in Deutschland zur Verfügung stehen,
schützen nach derzeitigem Erkenntnisstand des RKI bei vollständiger
Immunisierung wirksam vor einer schweren Erkrankung.

Der Schutz vor einem Klinikaufenthalt liegt dabei nach den jüngsten
Daten im Alter von 18 bis 59 bei rund 96 Prozent, ab 60 Jahren bei 95
Prozent.

Der Schutz vor einer Behandlung auf der Intensivstation liegt demnach
bei den Jüngeren bei 97 Prozent, ab 60 Jahren bei 95 Prozent.

Der Schutz vor dem Tod liegt nach den RKI-Angaben bei den Jüngeren
bei 100 Prozent, ab 60 Jahren bei 92 Prozent.