Eindämmung der Pandemie: Biden setzt auf Impfpflicht für Arbeitnehmer

Für rund 100 Millionen Arbeitnehmer in den USA soll bald eine Form
der Impfpflicht gelten. Maskenverweigerern drohen beim Reisen künftig
höhere Strafen. Präsident Biden will den Vormarsch der Delta-Variante
stoppen - doch es gibt heftigen Widerstand gegen die Maßnahmen.

Washington (dpa) - Zur Eindämmung der Corona-Pandemie setzt
US-Präsident Joe Biden auf Anordnungen zur Impfpflicht und
zunehmenden Druck auf ungeimpfte Amerikaner. Neue Vorschriften zur
Impfung sollen für fast 100 Millionen Beschäftigte der
Privatwirtschaft und des Gesundheitswesens gelten, was etwa zwei
Drittel aller Beschäftigten in den USA entspricht. Der Demokrat Biden
kündigte zudem eine Verschärfung der Impfpflicht für Angestellte des

Bundes sowie für alle Auftragnehmer der Regierung an.

«Wir werden geimpfte Mitarbeiter vor ungeimpften Kollegen schützen»,

sagte Biden am Donnerstag im Weißen Haus. «Wir werden die Verbreitung
von Covid-19 eindämmen, indem wir in Unternehmen überall in Amerika
den Anteil der geimpften Beschäftigten erhöhen», sagte er bei der
Vorlage eines Aktionsplans zur Bekämpfung der Pandemie.

Republikanische Gouverneure aus den Bundesstaaten übten heftige
Kritik und kündigten juristische Schritte. Kristi Noem aus South
Dakota schrieb auf Twitter: «Wir sehen uns vor Gericht, Joe Biden.»
Ihr Kollege Greg Abbott aus Texas sprach von einem «Angriff auf die
Privatwirtschaft». Er habe eine Verfügung erlassen, die das Recht der
Texaner schütze, selbst über eine Impfung zu entscheiden. Doug Ducey
aus Arizona schrieb auf Twitter: «Dieses diktatorische Vorgehen ist
falsch, unamerikanisch und wird weit mehr schaden als nützen.»

Schülerinnen und Schüler würden in einem Umfeld aufwachsen, in dem
Politik wie Krieg oder eine erbitterte Fehde sei, reagierte Biden am
Freitag bei einem Besuch einer Schule auf Kritik. Diese Lektion
könnten sie hoffentlich wieder verlernen, denn Politik müsse nicht so
sein. «Wir müssen zusammenkommen», sagte Biden. Die Maßnahmen seien

«hart, aber notwendig».

Sein Aktionsplan sieht außerdem vor, dass Firmen mit mehr als 100
Angestellten vorgeschrieben werden soll, dass alle Mitarbeiter
geimpft sein oder sich mindestens ein Mal pro Woche auf eine
Infektion mit dem Coronavirus testen lassen müssen. Die Regelung
werde derzeit unter Führung des Arbeitsministeriums entwickelt und
für rund 80 Millionen Beschäftigte der Privatwirtschaft gelten,
erklärte das Weiße Haus.

Zudem sollen künftig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Krankenhäusern und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Zahlungen
der staatlichen Krankenversicherungen annehmen, gegen Corona geimpft
sein müssen. Die Regelung werde für rund 17 Millionen Beschäftigte
gelten, hieß es. In den staatlichen Programmen Medicare und Medicaid
sind vor allem Ältere, Behinderte und Bedürftige versichert. Biden
forderte zudem alle US-Bundesstaaten auf, die Corona-Impfung für
Schulangestellte und Lehrerinnen und Lehrer zur Pflicht zu machen.

«Viele von uns sind frustriert angesichts der fast 80 Millionen
Amerikaner, die immer noch nicht geimpft sind, obwohl Impfungen
sicher, wirksam und kostenlos sind», sagte Biden. Dank der Impfstoffe
habe man die Mittel, um die Pandemie einzudämmen. An die Adresse der
Ungeimpften sagte Biden weiter: «Wir sind geduldig gewesen, aber die
Geduld geht uns aus.» Seine Forderung: «Lassen Sie sich impfen.»

Kurz zuvor hatte das Weiße Haus bereits bestätigt, dass in Kürze fü
r
alle Mitarbeiter der Bundesregierung eine Impfpflicht gelten wird. Es
werde dabei nur wenige Ausnahmen aus bestimmten gesundheitlichen oder
religiösen Gründen geben, sagte Bidens Sprecherin Jen Psaki. Die
zuvor eingeführte Möglichkeit, sich durch regelmäßige Corona-Tests

von einer Impfpflicht zu befreien, soll wegfallen. Angestellte hätten
bis zu 75 Tage Zeit, sich vollständig impfen zu lassen, erklärte
Psaki. Mitarbeitern, die bis dahin nicht geimpft seien, drohten
disziplinarische Maßnahmen bis hin zur Entlassung.

Die Regierung als einer der größten Arbeitgeber des Landes wolle mit
der Regelung allen Unternehmen ein Modell vorgeben, sagte Psaki. Die
vom Weißen Haus angekündigten Schritte gäben den bereits auf
Bundesebene bestehenden Impfpflichten weitere Rückendeckung. Die
Vorschriften etwa des Verteidigungsministeriums und der Behörden für
Veteranen beträfen bereits rund 2,5 Millionen Angestellte, hieß es.
Biden hatte zuletzt immer wieder auch für eine Corona-Impfpflicht in
Unternehmen geworben und Arbeitgeber zum Handeln aufgefordert.

Der Schulbezirk Los Angeles, der zweitgrößte in den USA, führte
unterdessen für alle Schüler ab zwölf Jahren eine Impfpflicht ein.
Wer keine medizinische oder anderweitige Ausnahmegenehmigung habe,
müsse für den Präsenzunterricht ab 10. Januar vollständig geimpft
sein, teilte der kalifornische Schulbezirk mit. In die Zuständigkeit
des Bezirks fallen demnach rund 640 000 Kinder und Jugendliche in
allen Jahrgangsstufen, vom Kindergarten bis zur Abiturklasse.

Die Impfkampagne in den USA macht trotz vieler Anreize nur noch sehr
langsam Fortschritte. Bislang sind 53,4 Prozent der rund 330
Millionen Menschen im Land abschließend geimpft. Die Impfungen sind
für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene freigegeben. In der
Bevölkerungsgruppe ab 12 Jahren sind 62,5 Prozent voll geimpft.

Aufgrund der besonders ansteckenden Delta-Variante des Coronavirus
hatte die Pandemie in den USA zuletzt wieder deutlich an Fahrt
aufgenommen. Die Gesundheitsbehörde CDC meldete im Wochendurchschnitt
pro Tag fast 140 000 Neuinfektionen und rund 1100 Todesfälle.

Biden kündigte zudem noch eine Reihe weiterer Maßnahmen an, darunter
verstärkte Investitionen in Corona-Tests und mehr Personal für
besonders betroffene Regionen. Zudem soll deutlich mehr Menschen eine
kostenlose Antikörperbehandlung ermöglicht werden, um das Risiko
einer Einlieferung ins Krankenhaus zu reduzieren.

Gleichzeitig verdoppelte die US-Regierung die Bußgelder für
Maskenverweigerer in Flughäfen, Bahnhöfen sowie beim Reisen in
Flugzeugen, Zügen und Bussen. Ein erstmaliger Verstoß gegen die
Maskenpflicht kann ab Freitag mit einem Bußgeld von 500 bis 1000
US-Dollar (420 bis 840 Euro) geahndet werden, wie das
Heimatschutzministerium mitteilte. Wiederholungstäter müssten nun mit
Bußgeldern von 1000 bis 3000 US-Dollar rechnen. Die Regel gilt
demnach vor allem für Reisen zwischen Bundesstaaten, die unter die
Aufsicht der Transportsicherheitsbehörde (TSA) fallen.