Fußballfest in München zwischen Freude und Corona-Verstößen

Der erste Sieg der deutschen Elf bei der Fußball-EM wird ordentlich
gefeiert - von Tausenden bei Public Viewings und Tausenden im
Münchner Stadion. Dabei ignorieren sehr viele die Regeln, die in der
Corona-Pandemie für alle gelten - zum Ärger des Gesundheitsministers.

München (dpa) - Wo hört die legale Fußballparty auf und wo fängt de
r
Corona-Verstoß an? Diese Frage stellt sich angesichts der
Fußballfeste im ganzen Land nach dem 4:2-Sieg der deutschen
Nationalmannschaft über Portugal im EM-Vorrundenspiel. Tausende Fans
feierten im Stadion, in der Münchner Innenstadt und in vielen anderen
deutschen Städten feucht-fröhlich - und vielfach ohne Masken oder
Abstand. Biergärten und Gaststätten waren teilweise brechend voll mit
Fans in Deutschland-Trikots, die auf Bildschirmen das Spiel
verfolgten.

Getrübt wurde die Freude über den Sieg aus Sicht des bayerischen
Gesundheitsministers vor allem von der Ignoranz Tausender Fans im
Stadion - denn sie trugen entgegen der ausdrücklichen Vorschrift
keine FFP2-Masken. Klaus Holetschek (CSU) kritisierte dies als
fahrlässig, nachdem die Spitzenpolitik zuvor bereits die fehlende
Masken-Motivation vieler Fans kritisiert hatte.

Zwar versprach der Deutsche Fußball-Bund (DFB) als Gastgeber der vier
EM-Spiele in München, die Zuschauer besser zum Tragen der Masken zu
bewegen - doch vergeblich. Holetschek setzte deswegen schon am
Samstagabend direkt nach dem Portugal-Spiel den DFB unter Druck und
forderte den Verband auf, plausibel darzulegen, wie er beim nächsten
Spiel am Mittwoch gegen Ungarn die Masken-Regeln durchsetzen will.
Etwas immerhin ist im Stadion klar geregelt: Laut DFB dürfen nur Fans
in die Arena, die von einer Covid-Erkrankung genesen sind,
vollständig gegen das Virus geimpft oder frisch negativ getestet
wurden.

Diese Kontrolle hat man jenseits des Stadions jedoch nicht - und beim
Public Viewing hielten sich längst nicht alle Menschen im
Freudentaumel an die Abstandsregeln und sonstige
Anti-Corona-Maßnahmen. Stattdessen lagen sich nach den Toren der
deutschen Fußball-Nationalmannschaft die Fans in den Armen und waren
dicht an dicht gedrängt, wie Reporter berichteten. In vielen
Biergärten und vor Kneipen wurde die Vorrunden-Begegnung der
Nationalmannschaft übertragen. Schon am Nachmittag hatte die Polizei
von vielen vollen Gaststätten berichtet.

So voll, dass das bayerische Gesundheitsministerium nun
möglicherweise strengere Corona-Vorschriften prüfen will. «Das
Gesundheitsministerium wird am Montag mit der Stadt München beraten,
inwieweit die Vorgaben für das Public Viewing weiter verschärft
werden können», sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen
Presse-Agentur am Sonntag. Grundsätzlich liege es in der
Verantwortung der Betreiber, dafür zu sorgen, dass die Biergärten
nicht überfüllt sind, hieß es.

Doch nicht nur in den Biergärten wurde gefeiert. Kurz nach Abpfiff
zogen Fans singend und grölend in die Münchner Innenstadt, vereinzelt
hupten Autos. Große Autokorsos mit zahlreichen Teilnehmern, wie man
sie von vergangenen Fußballturnieren kennt, blieben zwar aus, doch
kam es hier und da zu spontanen Siegesfeiern auf Straßen und Plätzen
sowie in Parks.

Dabei wurde es zuweilen so voll, dass die Polizei in der Nacht einige
Straßen räumen musste. «Zum Teil wurden auch dort sehr viele
alkoholische Getränke konsumiert und einige Personen zeigten auch
dadurch ein deutlich enthemmtes Verhalten», teilte das
Polizeipräsidium München am Sonntag mit. Die meisten hätten sich aber

kooperativ verhalten.

Vorher hätten allerdings einige Feiernde Flaschen auf Polizisten
geworfen. Ein 19-Jähriger aus Ingolstadt sei als Werfer einer der
Flaschen identifiziert worden. Noch gewaltsamer ging es in Augsburg
zu, wo die Polizeigewerkschaft nach Flaschenwürfen von «massiven
Ausschreitungen» sprach.