Impfaffäre: Halles Oberbürgermeister vorläufig seines Amtes enthoben

Erneuter Rückschlag für Bernd Wiegand: Halles Oberbürgermeister
erleidet im Kampf um sein Amt die nächste Niederlage. Dessen
ungeachtet wähnt sich Wiegand weiter im Recht.

Halle (dpa/sa) - Es ist der nächste Paukenschlag in der Impfaffäre um
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos): Das
Landesverwaltungsamt hat das Stadtoberhaupt jetzt vorläufig seines
Amtes enthoben. Die Maßnahme gelte bis zum Abschluss des
Disziplinarverfahrens und gehe mit der Einbehaltung der Hälfte der
Dienstbezüge einher, teilte die Behörde am Dienstag mit. Außerdem
dürfe Wiegand nicht mehr die Dienstgebäude der Stadt betreten. Die
Schwere des vorgeworfenen Vergehens begründe die vorläufige
Dienstenthebung, hieß es in einer Mitteilung des Amtes. Zunächst
hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet.

Wiegand war bereits im April vom Stadtrat suspendiert worden und
seitdem von seinen Dienstgeschäften ausgeschlossen. Die Entscheidung
des Landesverwaltungsamt ist unabhängig davon und geht insofern über
die bisherige Suspendierung hinaus, dass Wiegand nun auch das Gehalt
gekürzt wird.

Der 64-Jährige steht seit Februar wegen seiner vorzeitigen Impfung in
der Kritik. Er hatte sich bereits im Januar gegen das Coronavirus
impfen lassen und so mutmaßlich gegen die vom Bund erlassene
Impfreihenfolge verstoßen. Außerdem soll er für weitere Verstöße

gegen die Impfpriorisierung verantwortlich sein, da sich auch mehrere
Stadträte und Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten impfen lassen.

Bei der Aufarbeitung der Causa verstrickte sich Wiegand zunehmend in
Widersprüche und geriet nach und nach an mehreren Fronten in
Bedrängnis. Nach ersten Medienberichten folgten ein
Disziplinarverfahren durch das Landesverwaltungsamt, die
Suspendierung durch den Stadtrat und schließlich Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft wegen veruntreuender Unterschlagung von Impfdosen.

Die Suspendierung durch den Stadtrat hatte Wiegand versucht zu
kippen, scheiterte aber damit und will nun vor das
Oberverwaltungsgericht ziehen. Auch gegen die jetzt erfolgte
vorläufige Amtsenthebung werde er sich zur Wehr setzen, kündigte
Wiegand an. Laut Landesverwaltungsamt steht ihm der Weg vor das
Verwaltungsgericht in Magdeburg offen.

Der Beschuldigte selbst zeigt bisher kaum Einsicht. «Es wird eine
politische Intrige gegen einen parteiunabhängigen OB angezettelt, die
zu seiner Abwahl führen soll», schrieb Wiegand auf seiner
Internetseite. Die Vorwürfe basierten in seinen Augen zum Teil auf
falschen Aussagen. Außerdem habe es zum Zeitpunkt seiner vorzeitigen
Impfung keine klare Regelung darüber gegeben, wie mit übrig
gebliebenen Impfdosen umzugehen sei. Er betonte immer wieder, durch
seine Impfung verhindert zu haben, dass die ihm verabreichte Dosis
entsorgt wurde.