Corona-Regeln bröckeln: Partys, Masken-Lockerungen und mehr Kontakte

Einige Landkreise und Städte in Deutschland melden inzwischen keine
Corona-Neuansteckungen mehr. Zunehmend lockern die Bundesländer
deshalb Einschränkungen. An Schulen und im Freien fallen die Masken.

Berlin (dpa) - Angesichts weiter sinkender Ansteckungszahlen nehmen
die Bundesländer immer mehr Corona-Einschränkungen zurück. Am
Dienstag kündigten mehrere Länder weitreichende Lockerungen an: So
wird die Maskenpflicht im Freien aufgehoben, Menschen dürfen sich
wieder ohne Beschränkungen treffen, und Maskenvorgaben an Schulen
werden weiter gelockert. Auch Partys in Clubs werden nach Monaten
wieder möglich. Den Überblick zu behalten, in welchem Bundesland
aktuell noch welche Corona-Regeln gelten, wird zunehmend schwieriger.

«ES DARF WIEDER GETANZT WERDEN»

Die Regierungen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg gaben am Dienstag
den Startschuss für die Rückkehr des Nachtlebens: Tanz-Clubs könnte
n
mit beschränkter Personenzahl und strengen Hygiene-Auflagen wieder
öffnen, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)
nach einer Sitzung seines Kabinetts. «Es darf wieder getanzt werden»,
sagte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD).

MASKENPFLICHT IM FREIEN FÄLLT

Mehrere Bundesländer beschlossen am Dienstag ein Ende der
Maskenpflicht im Freien oder eine Maskenpflicht im Freien nur noch in
Ausnahmefällen. In Berlin fällt die Tragepflicht auf belebten Plätzen

weg, im Freien im Zoo und im Tierpark. Auch in Hamburg, im
Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und in
Rheinland-Pfalz können die Masken bei Aktivitäten draußen künftig i
n
der Tasche bleiben. Tragepflicht gilt nur noch zum Teil, etwa wo
dichtes Gedränge herrscht oder wie in Bremen beschlossen nur noch an
Bushaltestellen oder Bahnhöfen.

Treffen draußen werden zum Teil gar nicht mehr beschränkt: So
beschloss Sachsen-Anhalt, die bislang geltenden Kontaktbeschränkungen
in Kontaktempfehlungen umzuwandeln. In Brandenburg werden sogar
sämtliche Kontaktbeschränkungen in der Öffentlichkeit aufgehoben.

Unterschiede gibt es beim Maske-Tragen in öffentlichen
Verkehrsmitteln: In der Hauptstadt ist weiter eine FFP2-Maske
Pflicht. In Nordrhein-Westfalen reicht schon seit dem vergangenen
Wochenende eine OP-Maske. Auch in Sachsen-Anhalt muss in Bussen oder
Bahnen künftig keine FFP2-Maske mehr getragen werden. Es reicht
ebenso wie beim Shopping die OP-Maske.

MASKENREGELN FÜR SCHÜLER UNTERSCHIEDLICH

Auch die Masken-Regeln an den Schulen werden weiter gelockert: Die
Tragepflicht im Unterricht fällt zum Beispiel in Rheinland-Pfalz und
im Saarland weg. Auch in Sachsen-Anhalt sollen Schüler nur noch auf
dem Schulflur einen Mund-Nasen-Schutz aufsetzen. Baden-Württemberg
lockert ebenfalls: Keine Maske im Unterricht mehr, wenn die Inzidenz
unter 35 liegt und es zuletzt keine Corona-Fälle an der Schule gab.
In Bayern dürfen Schüler zumindest auf dem Pausenhof und bei
Wandertagen künftig ihre Masken wieder ablegen, wie die Staatskanzlei
am Dienstag in München mitteilte.

Im Norden müssen sich Schüler allerdings darauf einstellen, dass die
Maske im Unterricht auch in den ersten beiden Wochen nach den
Sommerferien noch aufgesetzt werden muss. Dieser Puffer nach den
Ferien sei in Bezug auf die Urlaubsrückkehrer wichtig, sagte
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Dienstag.
Solche Pläne gibt es auch in Berlin und Brandenburg.

Eine Mehrheit von 59 Prozent der Deutschen befürwortet einer Umfrage
des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge eine Aufhebung der
Maskenpflicht in Unterrichtsräumen an Schulen. 31 Prozent sprachen
sich in der am Dienstag veröffentlichten Umfrage dagegen aus.

BUND BEZAHLT JETZT FÜR LUFTFILTER 

Bildungsgewerkschaften fordern, die Ferienzeit zu nutzen, um in
Lüftungsanlagen an den Schulen zu investieren. Fördermittel für fest

verbaute Anlagen können Schulen und Kitas seit Freitag beim Bund
beantragen, wie das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (Bafa) mitteilte. Es gibt maximal 500 000 Euro. Die
Förderung ist allerdings begrenzt auf Räume und Einrichtungen für
Kinder bis zwölf Jahre, da für diese Altersgruppe bisher kein
Impfstoff gegen Corona zugelassen ist.

CORONA-ZAHLEN WEITER GESUNKEN

Die meisten Kreise in Deutschland liegen laut der aktuellen Übersicht
des Robert Koch-Instituts im Internet (RKI-Dashboard) inzwischen bei
einer Sieben-Tage-Inzidenz von 20 oder darunter, einige bei 0. Die
Zahl der deutschlandweiten Neuansteckungen wurde am Dienstag mit 652
angegeben. Vor einer Woche hatte der Wert bei 1204 gelegen. Binnen 24
Stunden wurden 93 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren
es 140. Vollständig geimpft sind nach RKI-Daten in Deutschland
inzwischen 22,3 Millionen Menschen. Das ist mehr als ein Viertel der
Gesamtbevölkerung. Knapp 40,5 Millionen Menschen haben mindestens
eine Impfdosis erhalten.

«CHRONISCHE PHASE» DER PANDEMIE - WARNUNG VOR DELTA

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische
Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Christian Karagiannidis,
sagte am Dienstag, man werde in den kommenden Wochen und Monaten aus
der pandemischen Phase herauskommen. Es sei die Zeit gekommen, «in
eine chronische Phase» überzugehen. Künftig werde Covid eine
Erkrankung des Klinikalltags werden und den Schrecken einer in Wellen
verlaufenden Pandemie verlieren.

Die bayerische Staatsregierung sprach unterdessen am Dienstag eine
deutliche Warnung vor der in Großbritannien inzwischen dominanten
Delta-Variante des Coronavirus aus. Nach Ansicht von Virologen sei
diese zuerst in Indien bekanntgewordene Virus-Variante deutlich
ansteckender und verursache schwererer Krankheitsverläufe, sagte
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nach einer Sitzung des
bayerischen Kabinetts, an der auch Virus-Experten teilgenommen
hatten.