Zweiter Impfstoff für Betriebsärzte - Laschet greift SPD an

Die Impfkampagne gegen Corona nimmt weiter Fahrt auf: Binnen Tagen
wird die Hälfte der Bevölkerung mindestens eine Spritze bekommen
haben. CDU-Kanzlerkandidat Laschet wirft der SPD vor, ihre Kritik am
Gesundheitsminister sei schäbig.

Berlin (dpa) - Die Betriebsärzte sollen für Corona-Impfungen nun auch
das Vakzin von Johnson & Johnson als zweites Präparat erhalten. In
der Woche ab 21. Juni sollen 192 000 Dosen davon geliefert werden,
wie es am Samstag vom Bundesgesundheitsministerium hieß. Hinzu kommen
dann 602 550 Dosen von Biontech, so dass insgesamt 794 550 Dosen
zusammenkommen. Die Zahl der Neuinfektionen ging weiter zurück. Im
Koalitionsstreit um möglicherweise minderwertige Corona-Schutzmasken
nahm unterdessen CDU-Chef Armin Laschet Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) in Schutz und griff die SPD an.

«Im Nachhinein kommen jetzt all die Oberschlauen», sagte Laschet am
Samstag auf einer Landesvertreterversammlung im
schleswig-holsteinischen Neumünster. Der Markt für Masken sei im
vergangenen Frühjahr schlicht dicht gewesen. Es habe Hilferufe von
Krankenhäusern gegeben. In der Situation habe die Regierung reagieren
müssen. «Und deshalb ist vieles von dem, was die SPD im Moment mit
Jens Spahn macht, einfach nur schäbig.»

Dagegen kündigte FDP-Vize Wolfgang Kubicki an, dass seine Partei nach
der Bundestagswahl im September einen Untersuchungsausschuss zum
Corona-Management der Regierung wolle. «Es bedarf einer
parlamentarischen Aufarbeitung dazu nach der Wahl», sagte Kubicki
auf einem Parteitag der Thüringer FDP in Erfurt. Kubicki, der auch
Vizepräsident des Bundestags ist, kritisierte unter anderem den
Einkauf «untauglicher Masken» durch das Ministerium von Spahn.

Niedersachsen will unterdessen 12 Millionen OP-Masken und 5 Millionen
FFP2-Masken wegen unrichtiger Angaben wieder an den Bund zurückgeben.
«Der Grund für die Rückgabe ist die fehlerhafte Dokumentation», sag
te
ein Sprecher des Sozialministeriums in Hannover am Samstag. Das Land
habe die Dokumentation und die Prüfunterlagen zu den Masken
kontrolliert. Zum Teil passten die Masken auch nicht zu den Angaben
auf den Kartons. Einige Masken hätten auch sichtbare Mängel gezeigt.
Technisch seien die Masken nicht überprüft worden. Zuvor hatten die
«Hannoversche Allgemeine Zeitung» und der NDR berichtet.

Inzwischen haben mehr als 40 Millionen Menschen in Deutschland
mindestens eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Das
entspricht 48,1 Prozent der Gesamtbevölkerung, wie aus RKI-Daten
(Stand: Samstag, 10.10 Uhr) hervorgeht. Den vollständigen Impfschutz
hat nun demnach mehr als jeder Vierte (21,35 Millionen Menschen oder
25,7 Prozent). Insgesamt wurden laut RKI bislang 60,1 Millionen
Impfdosen in Deutschland verabreicht, 965 478 davon am Freitag. In
dieser Woche sei erstmals an drei Tagen die Millionenmarke bei den
täglichen Impfungen geknackt worden, schrieb Spahn bei Twitter.

Die Arztpraxen sollen in der Woche vom 21. Juni rund 3,3 Millionen
Impfdosen erhalten, nämlich 2,84 Millionen Dosen von Biontech und 504
000 von Astrazeneca. Die Länder sollen nach neuen Lieferdaten noch im
Juni rund 700 000 Dosen mehr für die Impfzentren bekommen als
zunächst geplant, wie es vom Gesundheitsministerium weiter hieß. In
der kommenden Woche seien es 400 000 Dosen von Astrazeneca extra.
Mehrere Länder wollten dies für Erstimpfungen verwenden.

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut
(RKI) binnen eines Tages 1911 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das
geht aus Zahlen vom Samstagmorgen hervor, die den Stand des
RKI-Dashboards von 05.01 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer
Woche hatte der Wert bei 2294 Corona-Neuinfektionen gelegen. Die
Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Samstagmorgen mit bundesweit 18,3
an (Vortag: 18,6; Vorwoche: 26,3).

Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 129 neue
Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 122 Tote. Das RKI
zählte seit Beginn der Pandemie 3 713 480 nachgewiesene Infektionen
mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher
liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

Spahn forderte als Lehre aus der Corona-Pandemie, die Rolle des
Staates insgesamt neu zu diskutieren und zu prüfen, wie Deutschland
und die EU weniger auf China angewiesen sein könnten. «Also wenn wir
eines wirklich schmerzhaft erlebt haben in dieser Pandemie (...),
dann die viel zu große Abhängigkeit von China», sagte Spahn beim «T
ag
des deutschen Familienunternehmens» in Berlin. Der Blick auf die
Aufgaben des Staates habe sich mit der Pandemie verändert. Spahn:
«Ich meine jetzt nicht einen starken Staat im Sinne von Bürokratie,
wer verteilt am besten um, und irgendwie noch Kassenbonpflicht,
sondern ich meine einen starken Staat als dienenden Staat, als
beschützenden Staat, nicht als beschränkenden, besserwisserischen
Staat.»