Kritik an G7: Eine Milliarde Impfdosen nicht genug - Patente aufheben

Carbis Bay (dpa) - Entwicklungsorganisationen haben die Pläne der
großen Industrienationen (G7), bedürftigen Ländern mit einer
Milliarde Impfdosen helfen zu wollen, als unzureichend kritisiert.
Zum Beginn des G7-Gipfels an diesem Freitag im englischen Carbis Bay
forderten sie darüber hinaus eine Aufhebung des Patentschutzes für
Impfstoffe, die Weitergabe von Technologie zur Impfstoffproduktion
und Investitionen in regionale Produktion weltweit.

«Eine sofortige Weitergabe von Impfdosen ist momentan dringend
erforderlich und die Milliarde Impfdosen sind daher willkommen»,
sagte Jörn Kalinski von Oxfam. Aber wenn das alles sei, «muss dies
als Fehlschlag gewertet werden». Die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) halte 11 Milliarden Impfdosen für nötig - oder zumindest acht
Milliarden, um für eine Herdenimmunität 80 Prozent der Bevölkerung in

Ländern mit geringem oder mittleren Einkommen zu impfen.

«Wohltätigkeitsaktionen werden die kolossale strukturelle Krise der
weltweiten Impfstoffversorgung nicht beheben», sagte Kalinski. «Die
G7 muss dafür sorgen, dass die Monopole einiger Pharmaunternehmen
gebrochen werden und darauf bestehen, dass qualifizierte Hersteller
auf der ganzen Welt die Produktion hochfahren können.» Das Leben von
Millionen Menschen sollte «niemals vom ungewissen Wohlwollen reicher
Nationen und profitorientierter Pharmakonzerne abhängen».

Die Organisationen Oxfam, World Vision oder One forderten Kanzlerin
Angela Merkel auf, dem Beispiel von Frankreichs Präsident Emmanuel
Macron, US-Präsident Joe Biden sowie Indiens und Südafrikas zu folgen
und ihre Unterstützung für eine befristete Freigabe der Patente zu
erklären. Merkel und die EU-Kommission hatten sich wiederholt dagegen
ausgesprochen, weil es aus ihrer Sicht die Probleme nicht löse.

Auch der frühere britische Premierminister Gordon Brown setzte sich
für eine Aufhebung ein. Die Pläne für eine Milliarde Impfdosen seien

«nicht genug». «Entscheidungen über Leben und Tod können nicht ei
ner
Art Wohltätigkeitsveranstaltung überlassen werden, wo die
Bettelschale von einem Staatsführer zum anderen weitergereicht wird»,
sagte Brown auf einer Veranstaltung von One zum Gipfel.