Medikamente zum Tabak-Ausstieg sollen Kassenleistung werden Von Sascha Meyer, dpa

Im Kampf gegen gesundheitsschädliches Rauchen soll mehr Aufklärung
helfen. Manche erwägen fürs Aufhören auch eine Therapie ergänzt mit

Arzneimitteln. Finanzielle Hürden dafür sollen jetzt wegfallen.

Berlin (dpa) - Von ihrer Sucht wegzukommen, fällt vielen Rauchern
schwer - am Geld soll das seltener scheitern. Medikamente für einen
Tabak-Ausstieg sollen nach Plänen der großen Koalition künftig von
der Kasse bezahlt werden können. «An keiner anderen Droge sterben
weltweit und auch hier in Deutschland mehr Menschen als an den Folgen
des Rauchens», sagte die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU)
der Deutschen Presse-Agentur nach einem entsprechenden Beschluss des
Gesundheitsausschusses am Mittwoch. «Wir werden daher noch in dieser
Legislaturperiode dafür sorgen, dass die Unterstützung beim
Rauchstopp noch besser, noch zielgerichteter, noch einfacher wird.»

Konkret sollen gesetzlich Versicherte, bei denen «eine schwere
Tabakabhängigkeit» festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige
Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung bekommen. Welche
Medikamente unter welchen Voraussetzungen in Therapieprogrammen
verordnet werden können, soll der Gemeinsame Bundesausschuss von
Ärzten, Kliniken und Krankenkassen festlegen. Eine Folge-Versorgung
mit solchen Mitteln soll frühestens nach drei Jahren möglich sein.
Die vom Ausschuss angenommenen Pläne sollen an ein anderes Gesetz
angehängt werden, das der Bundestag am Freitag beschließen soll.

«Tabakentwöhnung wird zur Kassenleistung», sagte Unionsfraktionsvize

Stephan Stracke (CSU) der dpa. Dies sei ein fundamentaler Wechsel in
der Drogenpolitik. «Damit erleichtern wir rund drei Millionen schwer
abhängigen Raucherinnen und Rauchern den Ausstieg aus einer Droge,
die oft zu schweren Erkrankungen führt.» Im Rahmen anerkannter
Programme bekämen sie Anspruch auf Entwöhnung mit Nikotinpflastern
und Arzneimitteln. Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar sagte
der dpa, vorbeugende Maßnahmen wie Werbebeschränkungen, Warnaufdrucke
oder Präventionskampagnen seien wertvoll. Sie reichten aber allein
offensichtlich nicht aus, um Erkrankungen zu vermeiden. Der einmalige
Leistungsanspruch auf Arzneimittel sei da eine wichtige Ergänzung.

Die Drogenbeauftragte Ludwig sagte: «So hilft der Rauchausstieg nicht
nur der Gesundheit, sondern auch dem Geldbeutel.» Die Möglichkeit zur
Kostenübernahme zielt auch darauf, dass es viele einkommensschwächere
Raucher gibt. Sie soll weitere Anreize setzen, damit mehr Abhängige
nach Rücksprache mit dem Arzt oder ihrer Ärztin Ausstiegsbehandlungen
angehen. Dazu zählen Programme mit Nikotin-Ersatzpräparaten und
Medikamenten, die Entzugserscheinungen mildern - auch verbunden mit
Verhaltenstherapien. Insgesamt unternimmt nach Studiendaten nur jeder
fünfte Raucher hierzulande überhaupt einen Ausstiegsversuch im Jahr.

Rauchen und ebenso Alkohol richten nach wie vor mit Abstand die
größten Gesundheitsschäden in Deutschland an - auch wenn der Konsum
zuletzt sank. Jährlich sterben nach Angaben der Drogenbeauftragten
rund 127 000 Menschen an den Folgen von Tabak-Konsum. Ludwig will mit
einer kürzlich gestarteten Aufklärungskampagne von Bundesregierung
und Gesundheitsakteuren auch langjährige Raucher stärker zum Aufhören

ermuntern, die seit 20 oder 30 Jahren zu Zigaretten greifen. Auf
einer Webseite sind «Rauchstopp-Angebote» mit Hilfsmöglichkeiten
gebündelt zu finden - und auch ein «Ersparnisrechner» als Motivation.


Details der Kostenübernahme für Medikamente zum Tabak-Ausstieg sollen
noch genauer geregelt werden. Unter dem Anspruch soll zunächst ein
Entwöhnungsversuch mit einem Programmdurchlauf zu verstehen sein, wie
es in der Begründung des Koalitionsantrags heißt. Der Gemeinsame
Bundesausschuss als oberstes Entscheidungsgremium des
Gesundheitswesens soll dann auch noch weitere Voraussetzungen regeln:
etwa zu Anforderungen an die Ausstiegsprogramme, für die Arzneimittel
verordnet werden können - und wie bestimmt wird, dass man eine
«starke Tabakabhängigkeit» hat.