CDU fordert vor Sondierungen in Sachsen-Anhalt offene Gespräche Von Fabian Albrecht, dpa

Wie bunt wird die nächste Landesregierung in Sachsen-Anhalt? Die
bisherige Farbkombination wird es nicht noch mal geben - gegen die
weiteren Optionen gibt es begründete Vorbehalte. Die CDU ruft ihre
Gesprächspartner auf, für offen zu bleiben.

Magdeburg (dpa) - Nach seinem Sieg bei der Landtagswahl in
Sachsen-Anhalt sind Ministerpräsident Reiner Haseloff und die CDU auf
der Suche nach Koalitionspartnern. SPD, Grüne und FDP nahmen die
Einladung zu Sondierungsgesprächen an - die Grünen stellten
allerdings erste Bedingungen. Sie wollen einer neuen Koalition nur
angehören, wenn diese rechnerisch auf sie angewiesen ist. Eine
Neuauflage der Kenia-Koalition kommt damit nicht infrage, weil darin
schon CDU und SPD eine Mehrheit hätten, wenn auch nur mit einer
Stimme.

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt nannte diese Vorgabe wenig
hilfreich. «Ich halte es für wenig klug, wenn der kleinste
potenzielle Partner von vornherein Forderungen stellt», sagte
Borgwardt. Die CDU wolle sich vor Beginn der Verhandlungen nicht
festlegen. Die CDU werde zwar eine möglichst breite Mehrheit
anstreben. Andererseits sei eine Regierung mit weniger
Koalitionspartnern einfacher. Eine Mehrheit mit mehr als einer Stimme
wäre nur in einem Dreierbündnis möglich - eine Koalition mit
möglichst wenigen Partnern nur mit der SPD.

Da die CDU 40 der 41 Direktmandate in Sachsen-Anhalt holte, wuchs die
Fraktion der Konservativen von 30 auf 40 an. Für eine Mehrheit
braucht Haseloff mindestens 49 Stimmen. Die zweitgrößte Fraktion
bleibt die AfD, die im neuen Landtag 23 Sitze hat. Dahinter folgen
Linke (12 Sitze), SPD (9), FDP (7) und Grüne (6).

Die Grünen hatten in Umfragen noch wenige Tage vor der Wahl bei
zweistelligen Werten gelegen. Entsprechend ernüchtert war die Partei,
als sie am Ende nur schwach dazu gewann. Der grüne Ministerpräsident
von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, sagte am Dienstag, die
Partei sei von dem Ergebnis «enttäuscht». Haseloff habe «wirklich

einen guten Job gemacht». Dieser habe eine Brandmauer gegen
Rechtsaußen hochgezogen und diese auch gehalten. Haseloff habe seinen
Amtsbonus genutzt.

Ob die Grünen mit ihren wenigen Sitzen und ihren vielen Forderungen
auch der nächsten Regierung angehören, ist zweifelhaft. Dagegen
spricht nach wie vor die große Abneigung der CDU gegen die Grünen und
vor allem ihre Pläne in der Agrar- und Verkehrspolitik.

Die FDP legte sich bislang noch nicht fest. Die neue Fraktion der
Liberalen wollte sich noch in der Woche ein erstes Mal treffen - wo,
war allerdings noch nicht klar, Räume im Landtag müssen ihnen nach
zehn Jahren außerparlamentarischer Opposition erst noch zugeteilt
werden. Lehnt nach den Grünen aber auch die FDP es ab, als
zusätzlicher aber nicht wirklich gebrauchter Partner in eine
Koalition einzutreten, blieben Haseloff nur noch Schwarz-Gelb-Grün
oder Schwarz-Rot.

Haseloff dürfte einer weiteren Zusammenarbeit mit der SPD nicht
abgeneigt sein: Mit den Sozialdemokraten arbeitet der 67-Jährige seit
Amtsantritt 2011 zusammen. In der Kenia-Koalition der vergangenen
fünf Jahre war Haseloff mit den SPD-Ministern immer zufrieden:
Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Armin Willingmann sorgte immer
wieder durch große Ansiedlungen für gute Schlagzeilen, auch
vermittelte er in der Corona-Krise zwischen Landesregierung und
Wirtschaftsverbänden.

Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne war Haseloffs oberste
Corona-Krisenmanagerin. Er nannte sie seine Pandemieministerin, beide
waren ständig in Kontakt. Wenn Haseloff im Wahlkampf die Erfolge
seiner Regierung aufzählte, waren darunter immer die Erfolge der
beiden SPD-geführten Ministerien. Grimm-Benne und Willingmann waren
zwei der wichtigsten und vielleicht erfolgreichsten Minister der
Koalition, das weiß und schätzt auch der Regierungschef. Haseloff
hatte sich aber stets für eine stabile Regierung ausgesprochen - das
wiederum würde für ein Dreierbündnis sprechen.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD, vor der die CDU im Wahlkampf viele
Wettbewerber immer wieder gewarnt hatten, dürfte in der CDU so
schnell keiner mehr fordern. Haseloff hatte das immer wieder
abgelehnt und die Wahl mit dieser Position klar gewonnen. Die AfD
hatte entgegen mancher Umfrage Stimmen eingebüßt, dennoch wählte sie

noch mehr als jeder fünfte. Besonders erfolgreich waren die
Rechtspopulisten bei Arbeitslosen und Arbeitern.

«Die Arbeitslosen haben natürlich besondere Probleme und besondere
Besorgnisse, indem sie sehen, dass Strukturwandelprobleme im Osten
immer noch nicht aufgeholt worden sind», sagte der parlamentarische
Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, am
Dienstag in Berlin. Er wundere sich nicht, «dass diese Leute uns
verstärkt wählen, weil die einfach sehen, sie sitzen in
Ostdeutschland irgendwo, sind einfach deutsch gehören zu keiner
Minderheit, werden von niemandem gefördert, interessiert sich niemand
dafür.»