Ausgangsbeschränkungen bei hoher Inzidenz - Schulschließungen möglich

Angesichts anhaltend hoher Corona-Infektionszahlen beschließt die
Brandenburger Landesregierung schärfere Beschränkungen. Dazu gehören

auch Ausgangsbeschränkungen in der Nacht und die mögliche Schließung

von Schulen.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburg verschärft die Corona-Regeln noch vor
der Bundes-Notbremse: Ab Montag soll eine Ausgangsbeschränkung
zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr für Regionen gelten, in denen die
Sieben-Tage-Inzidenz mindestens drei Tage lang über 100 liegt. Ab 200
Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche sollen in
Landkreisen oder kreisfreien Städten alle Schulen geschlossen werden,
erklärte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Samstag nach der
Entscheidung des Kabinetts . Dies soll ab Mittwoch gelten. Ausnahmen
gelten nur für Abschlussklassen und die Förderschulen für geistige
Entwicklung.

Auch die Kitas sollen in den Regionen mit 200er-Inzidenz schließen.
In den Grundschulen, Kitas und Horten soll für berechtigte Gruppen
eine Notbetreuung angeboten werden.

Brandenburg verschärft zudem das Versammlungsrecht. Bei einer
100er-Inzidenz sind nicht mehr bis zu 500 Teilnehmer erlaubt, sondern
nur noch höchstens 100. Ab einer regionalen Sieben-Tage-Inzidenz von
200 sind Demos weiterhin verboten. «Unsere Polizei musste eben die
Erkenntnis sammeln (...), dass sie bei Versammlungen bis zu 500
Leuten nicht in der Lage ist, wenn dort die Abstands- und
Hygieneregeln nicht eingehalten werden, sie durchzusetzen», sagte
Innenminister Michael Stübgen (CDU) dazu.

Bis auf die Landeshauptstadt Potsdam, die Stadt Brandenburg/Havel und
den Landkreis Barnim lagen am Samstag alle Regionen in Brandenburg
über dem Inzidenzwert 100. Der Landkreis Spree-Neiße liegt schon
länger über dem Wert von 200. Bis Freitag hatten auch die Landkreise
Elbe-Elster und Oder-Spree mehrere Tage die 200er-Inzidenz
überschritten.

Woidke erklärte, er sehe keine Alternative zur nächtlichen
Ausgangsbeschränkung und zu Schulschließungen bei hohen
Corona-Infektionszahlen. «Wir müssen jetzt handeln und zwar so
schnell wie möglich», sagte er. «Wir können und wollen nicht weiter

abwarten, bis Dinge beispielsweise auf der Bundesebene geregelt
werden.» Die Corona-Infektionszahlen gingen deutlich in die Höhe.
Schlimmer noch sei aber die äußerst schwierige Lage in den Kliniken.
«Es gibt heute schon Krankenhäuser und Intensivstationen im Land, wo
diese Situation nicht nur schwierig ist, sondern wo man sie nicht
anders bezeichnen kann als dramatisch.»

Woidke räumte ein, die nächtliche Ausgangsbeschränkung sei «ein
schwerer Eingriff in die Grundrechte der Menschen». Diese
Beschränkungen hätten aber einen deutlichen Effekt auf die Dynamik
der Infektionen, das sei wissenschaftlich belegt.

Zunehmend seien auch Kinder und Jugendliche betroffen und es gebe
relevante Ausbrüche im Umfeld von Kitas und Schulen, ergänzte
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Ganze Familien
seien mit dem Virus infiziert. Die Corona-Patienten auf den
Intensivstationen würden immer jünger, die Altersgruppe 40 bis 60 sei
in relevantem Maß betroffen. Sie rechne mit einer langen Liegedauer
für diese Patienten auf den Intensivstationen. «Es ist schon fünf
nach zwölf», sagte die Ministerin.

Ab der Inzidenz 100 müssen in Brandenburg neben den meisten
Geschäften auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen wieder schließen.
Ein Haushalt darf nur noch eine weitere Person treffen und
Individualsport ist nur noch allein, zu zweit oder mit Angehörigen
des eigenen Haushalts erlaubt.

Die oppositionelle Linke im Landtag kritisierte die Beschränkungen
als «autoritäre Symbolpolitik». Die Landesregierung und der Bund
reagierten auf die seit Wochen steigenden Inzidenzzahlen lediglich
mit «Lockdownschaukeln», sagte Linke-Fraktionschef Sebastian Walter.
Die geplanten Ausgangssperren seien «hilfloser Aktionismus»,
kritisierte er. «Die Wissenschaft hat doch längst nachgewiesen, dass
die Aerosole in den Innenräumen am gefährlichsten sind.»

Auch die FDP-Landesvorsitzende Linda Teuteberg kritisierte die
Ausgangsbeschränkungen. «Nicht das Verlassen der Wohnung birgt
Infektionsrisiken, sondern der physische Kontakt mit Menschen», sagte
sie. «Ein Aufenthalt im Freien unter Wahrung der nachvollziehbaren
Abstands- und Hygieneregeln trägt zur Gesundheit der Menschen mehr
bei als der staatlich verordnete Aufenthalt in geschlossenen Räumen.»

Die Schließung von Schulen und Kitas ab der Inzidenz 200 und eine
Ausgangsbeschränkung sind auch in der Bundes-Notbremse geplant,
letztere aber bereits ab 21.00 Uhr.

Wie in Berlin sollen auch in Brandenburg Personen ab dem 15. Tag nach
einer vollständigen Corona-Impfung von der Vorlage eines negativen
Schnelltests befreit werden. Dies gilt für die Fälle, in denen etwa
für den Besuch in Geschäften oder bei Friseuren eine Testpflicht
besteht.